Personalausweiskopie als Voraussetzung für die Übermittlung von Zugangsdaten für die Nutzung einer Online-Handelsplattform

 

Schenkt man den uns kürzlich mitgeteilten Informationen glauben, so scheint es, als ob einige Betreiber von Online-Handelsplattformen dazu übergehen, nach der Registrierung durch die Nutzer als Voraussetzung für die Übermittlung der Zugangsdaten die Kopie einer Gewerbeanmeldung bzw. eines Handelsregisterauszuges sowie eine Personalausweiskopie anzufordern.

Wir gehen der Frage nach, ob das Verlangen nach der Vorlage einer Personalausweiskopie mit dem geltenden Recht vereinbar ist.

§ 14 PAG (Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis) bestimmt, dass die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten aus dem Ausweis oder mithilfe des Ausweises durch nichtöffentliche Stellen ausschließlich nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 PAG erfolgen darf.

In der Gesetzesbegründung zu § 14 PAG wird hierzu wie folgt Stellung genommen:

„§ 14 stellt klar, dass die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten aus oder mithilfe des Ausweises künftig nur über die dafür vorgesehenen Wege erfolgen darf. Dies sind für nichtöffentliche […] Stellen der elektronische Identitätsnachweis […]. Weitere Verfahren z. B. über die optoelektronische Erfassung („scannen“) von Ausweisdaten oder den maschinenlesbaren Bereich sollen ausdrücklich ausgeschlossen werden.“ (BT-Drucksache 16/10489, S. 40).

In einer „Stellungnahme des Bundesinnenministeriums zur Vervielfältigung von Ausweisdokumenten“ wird diese Gesetzesbegründung erläutert:

„Diese Klarstellung war u.a. deshalb erforderlich, weil im Falle einer künftigen Vervielfältigung des neuen Personalausweises zusätzliche Sicherheitsprobleme entstünden. Denn auf dem neuen Personalausweis ist die Berechtigungs-Nummer abgedruckt. Diese soll grundsätzlich nur dem Ausweisinhaber bekannt sein, könnte durch Kopieren des Ausweises aber in Umlauf geraten.“

Ausnahmen gelten z.B. gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 b GwG (Geldwäschegesetz)

Ist der Vertragspartner eine natürliche Person und zur Feststellung der Identität nicht persönlich anwesend, hat der Verpflichtete die Identität des Vertragspartners anhand einer beglaubigten Kopie eines Dokuments im Sinne des § 4 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 zu überprüfen. Ein Dokument zur Überprüfung der Identität des Vertragspartners ist gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 1 GwG bei natürlichen Personen ein gültiger amtlichen Ausweises, insbesondere ein Personalausweis. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GwG gilt die Anfertigung einer Kopie des zur Überprüfung der Identität vorgelegten Dokuments nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 GwG als Aufzeichnung der darin enthaltenen Angaben.

Für Telekommunikationsanbieter (z.B. beim Mobilfunkvertrag) gilt § 95 Abs. 4 Satz 2 TKG:

„Der Diensteanbieter kann im Zusammenhang mit dem Begründen und dem Ändern des Vertragsverhältnisses sowie dem Erbringen von Telekommunikationsdiensten die Vorlage eines amtlichen Ausweises verlangen, wenn dies zur Überprüfung der Angaben des Teilnehmers erforderlich ist. Er kann von dem Ausweis eine Kopie erstellen.

In den oben genannten Fällen wird die Anfertigung einer Kopie also ausdrücklich erlaubt, was einen Umkehrschluss auf ein generelles Verbot in sämtlichen anderen Fällen, für die keine gesetzliche Ermächtigung besteht, zulässt. 

Die Herstellung einer Kopie des Personalausweises ist also nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zulässig. Sofern sich das Verlangen des Vertragspartners im Rahmen dieser Bestimmungen hält, ist gegen die Anfertigung einer Personalausweiskopie folglich nichts einzuwenden. In allen anderen Fällen darf die Vorlage einer Personalausweiskopie unter Hinweis auf die Nichtvereinbarkeit des Ansinnens mit dem Gesetz zurückgewiesen werden.

Wird nun die Übermittlung von Zugangsdaten zu einer Online-Handelsplattform von der Vorlage einer Kopie des Personalausweises abhängig gemacht und verweigert der Adressat diese unter Hinweis auf das geltende Recht, bestimmen sich die gegenseitigen Ansprüche nach dem weiteren Verhalten des Anbieters. Verzichtet dieser auf die Vorlage einer Personalausweiskopie und übermittelt dem Adressaten die Zugangsdaten für die Nutzung, weil er sich für den Nachweis gewerblichen Handelns mit der Vorlage anderer Dokumente (Gewerbeanmeldung, Handelsregisterauszug) begnügt, so kommt er – diesbezüglich – seiner vertraglichen Pflicht – Zugangsgewährung –  nach und behält seinen Anspruch auf die Gegenleistung (sofern die Forderung nicht aus anderen Gründen unwirksam ist).

Verweigert der Zugangsanbieter die Übermittlung der Zugangsdaten und beruft sich dabei auf eine Voraussetzung, die keine Stütze im Gesetz findet, steht dem Adressaten die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB zu. Nach dieser Vorschrift kann derjenige, der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung – Zahlung – bis zur Bewirkung der Gegenleistung – Zugangsgewährung – verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist.

Eine Vorleistungspflicht dürfte sich für den Besteller nicht ergeben. Hiergegen sprechen bereits die Angaben in der Werbung des Zugangsanbieters, in der es regelmäßig heißt:

„Nach der Anmeldung erhalten Sie Sofortzugang auf unsere Datenbank…“

Zu Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Vorleistungspflicht für Nutzer von Online-Datenbanken begründen, hat bereits das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 04.12.2008, Az. 6 U 187/07, festgestellt, dass eine AGB-Klausel  im Rahmen eines Dienstvertrages, nach der die Zahlung sofort nach Vertragsschluss fällig ist, unwirksam ist, da der Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird (§ 307 BGB). Im entschiedenen Fall ging es um die die Nutzung einer Internet-Datenbank für Namens- und Ahnenforschung.

„Gemäß § 614 BGB ist die Vergütung erst nach Erbringung der Dienstleistung zu errichten. Von dieser gesetzlichen Regelung weicht die genannte Bestimmung ab. Dies ist nur bei Vorliegen eines sachlich rechtfertigenden Grundes zulässig“,

den das OLG im Fall des Zugangsanbieters nicht für gegeben hielt. 

Abschließend bemerken wir, dass die Übermittlung der Zugangsdaten und die hierdurch erfolgende Gewährung des Zugangs nicht eventuelle andere Einreden gegen den vermeintlichen Zahlungsanspruch des Zugangsanbieters berührt. Sofern ein Preishinweis nicht oder nicht in ausreichend deutlicher Form erteilt wurde, verfügt der Besteller über rechtliche Möglichkeiten, auch hiergegen anzugehen.

Sofern in der Werbung für Online-Handelsplattformen ein „Sofortzugang“ versprochen wird, dürfte sich dieses Werbeversprechen im Übrigen als Täuschung erweisen, wenn die Zugangsgewährung erst nach erfolgter Registrierung von der Vorlage der bezeichneten Dokumente abhängig gemacht wird. Hier dürfte durchaus an eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB zu denken sein.  

Edit (01.12.2013):

In diesem Zusammenhang weisen wir auf das aktuelle Urteil des VG Hannover vom 28.11.2013 – 10 A 5342/11 – hin. Aus der nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen Pressemitteilung ergibt sich, dass das Gericht das unbeschränkte Erfassen von Daten – und damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen – als nach dem Willen des Gesetzgebers für nicht zulässig erachtet:

Die Klägerin – eine Logistikdienstleisterin aus Rehden, die insbesondere in der Automobillogistik tätig ist – lagert auf ihrem Betriebsgelände ständig mehrere tausend Kraftfahrzeuge. Täglich wird eine Vielzahl von Fahrzeugen abgeholt, die den Abholern – insbesondere Fahrern von Speditionen – übergeben werden. Um den Speditionsvorgang zu überwachen, werden die Personalausweise der Abholer eingescannt und auf einem eigenen Rechner gespeichert. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen hatte der Klägerin aufgegeben, das Einscannen von Personalausweisen zu unterlassen und die rechtswidrig gespeicherten Daten zu löschen.

Das Gericht hat mit dem heutigen Urteil die Klage gegen die Untersagung des Speicherns und die Anordnung des Löschens abgewiesen, weil diese rechtmäßig seien. Nach den hier anzuwendenden Vorschriften des Personalausweisgesetzes sei der Personalausweis ein Identifizierungsmittel, das der Inhaber vorlege und vorzeige, um sich auszuweisen. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sei aber das unbeschränkte Erfassen der Daten – und damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen – untersagt. Dadurch solle die Datensicherheit geschützt werden, weil einmal erfasste und gespeicherte Daten leicht missbräuchlich verwendet werden könnten. Die Kammer hat nicht den Vorwurf gegen die Klägerin erhoben, sie verwende die Daten missbräuchlich. Um den Zweck des Gesetzes zu erfüllten, dürften aber so wenig Daten wie möglich in Umlauf gebracht werden, so dass auch die Praxis der Klägerin zu untersagen sei.