KG Berlin: Online-Kontaktformular im Impressum nicht ausreichend – 5 U 32/12

 

KG Berlin, Urteil vom 07.05.2013, 5 U 32/12 – Online-Kontaktformular

Viele Anbieter von Telemedien bedienen sich eines Online-Kontaktformulars und halten eine eMail-Adresse im Impressum – bewusst – nicht vor. Diese Vorgehensweise steht im klaren Widerspruch zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG. Nach dieser Vorschrift haben Anbieter von Telemedien Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, im Impressum leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

Ein Online-Kontaktformular ist jedenfalls keine E-Mail-Anschrift, was das Gericht mit deutlichen Worten feststellt. Es ist einer eMail-Adresse auch nicht gleichwertig, da der Nutzer sich in ein ihm vom Unternehmer vorgegebenes Formular „zwängen“ lassen muss. Häufig wird die Zuordnung des Begehrens zu einer bestimmten Rubrik verlangt und das Formular lässt nur eine bestimmte Anzahl von Zeichen oder eine beschränkte Anzahl von Anlagen zu bzw. bietet überhaupt keine Möglichkeit, Dateien anzuhängen.

Hierdurch wird der Nutzer wesentlich schlechter gestellt, da er bei einer Kontaktaufnahme per eMail derartigen Einschränkungen nicht unterworfen ist.

Darüber hinaus ist die Nachricht an das Unternehmen im Falle eines Online-Kontaktformulars nach dem Klicken auf „Senden“ in der Regel erst einmal „verschwunden“‚ und nur im günstigen Fall taucht häufig allenfalls ein Fenster „Vielen Dank für Ihre Nachricht auf“.

Der Nutzer ist zudem regelmäßig nicht in der Lage, den Absendevorgang nebst vollständigem Inhalt der abgesandten Nachricht selbst sofort zu dokumentieren, wohingegen eine abgeschickte E-Mail selbstverständlich und automatisch als gespeicherte Datei auch im eigenen Herrschaftsbereich „verbleibt“ und sofort nach dem Abschicken archiviert werden kann.

Ob es nach dem Abschicken des Online-Formulars zu einer Bestätigungsmail (einschließlich Wiedergabe des ursprünglich abgesandten Textes) kommt, bleibt für den Nutzer zunächst ungewiss, was ihn dazu zwingt, seinen Text nach dem Abfassen und vor dem Absenden in ein eigenes Dokument zu kopieren, um wenigstens den Inhalt der Nachricht für spätere Zwecke zur Verfügung zu haben. Hierdurch kann er – im Gegensatz zu einer eMail – aber nicht einmal dokumentieren, genau diesen Text auch an den Unternehmer versandt zu haben, denn das nachträglich erzeugte Dokument lässt einen solchen Nachweis nicht zu. 

Die nachvollziehbaren Feststellungen des Gerichts und die klaren Worte, mit denen das Gericht einem Online-Kontaktformular eine Absage erteilt, sind daher zu begrüßen.

Zum Volltext des Urteils durch „Weiterlesen“

Leitsätze des Gerichts

1. Die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG bestehende Pflicht zur Angabe der „Adresse der elektronischen Post“ meint die Angabe der E-Mail-Anschrift. Diese Pflicht wird weder durch die Angabe einer Telefaxnummer noch durch die Angabe einer Telefonnummer noch durch die Bereitstellung eines – mehrere einschränkende Vorgaben enthaltenden – „Online-Kontaktformulars“ erfüllt.

2. Zur Frage, inwieweit eine irische Fluggesellschaft in ihrem deutschsprachigen Internetflugbuchungsangebot gesondert darauf hinweisen muss, dass es nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Anwendung irischen Rechts kommen soll.

Tenor

1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 – 15 O 666/10 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden dem Kläger zu 37 % und der Beklagten zu 63 % auferlegt.

3. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils zu I 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € und die Vollstreckung wegen der Kosten in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils zu I 1 Sicherheit in Höhe von 10.000 € und vor der Vollstreckung wegen der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen einschließlich der wiedergegebenen Anträge im angefochtenen Urteil (nachfolgend: „LGU“ nebst Seitenzahl des Umdrucks) – in berichtigter Fassung gemäß landgerichtlichem Beschluss vom 26. April 2012 (Bd. I Bl. 237-238) – mit den folgenden Ergänzungen genommen:

Das Landgericht hat – soweit für das Berufungsurteil noch von Bedeutung – die Beklagte gemäß Klageantrag I 1 (betr. Angabe der E-Mail-Adresse) verurteilt und den Klageantrag zu I 2 (betr. Hinweis auf irisches Recht) abgewiesen.

Hiergegen wenden sich sowohl der Kläger als auch die Beklagte mit ihren – jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten – Berufungen, wobei der Kläger die Verurteilung (auch) gemäß Klageantrag I 2 (betr. Hinweis auf irisches Recht) und die Beklagte die Klageabweisung (auch) zum Klageantrag I 1 (betr. Angabe der E-Mail-Adresse) erstrebt.

Zu seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen und trägt unter anderem vor:

Mit Blick auf § 5a UWG obliege es der Beklagten, durch geeignete Informationen den Verbraucher „frühzeitig“ darauf hinzuweisen, dass er im Falle eines Konflikts unter Umständen mit einem ihm fremden Recht konfrontiert werde. Denn damit müsse der Verbraucher (ansonsten) nicht rechnen. Die von der Beklagten verwendete Top-Level-Domain der Beklagten („.com“) weise (anders als „.ie“) keineswegs auf Irland hin. Der streitgegenständliche Internetauftritt werde (insoweit unstreitig) auch – per Weiterleitung – nach Eingabe der auf Deutschland hinweisenden Top-Level-Domain erreicht (von „www.r… .de“ auf www.r… .com/de, wobei letztere Domain in der Browserzeile – unstreitig – verbleibt). Zwar sei dem Verbraucher geläufig, dass es sich bei der Beklagten um ein nicht in Deutschland ansässiges Unternehmen handelt. Im Vordergrund stehe aber vielmehr die Tatsache, dass der Verbraucher auf dem von ihm ausgewählten Telemediendienst in seiner Heimatsprache angesprochen wird. Der Verbraucher dürfe nach Maßgabe von Art. 6 Rom I auch im internationalen Verkehr zunächst einmal damit rechnen, dass ihm zumindest die zwingenden Rechte seines Heimatrechtes unabdingbar gewährt würden. Die Sonderregelung des Art. 5 Rom I stehe dem nicht entgegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass dem Verbraucher durch die Rom I-Verordnung eine Art „Sonderschutz“ zugebilligt werde, was die Vorstellung von der „Sicherheit“ der Geschäfte im Internet präge. Bei der Feststellung des Verbraucherverständnisses sei vielmehr auf die Grundsatzregel des Art. 6 Rom I abzustellen. Die Auffassung des Landgerichts, die jeweiligen Rechtswahlklauseln befänden sich „dort, wo sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten sind, nämlich jeweils am Schluss der Geschäftsbedingungen“ (LGU 33 Abs. 3), widerspreche dem Umstand, dass der Verbraucher sich erfahrungsgemäß ungern durch lange Texte quäle, um eine wichtige Botschaft zu erfahren. Die aus ihrer Sicht wichtigen Botschaften stelle die Beklagte auch an den Beginn ihres Regelwerks, wenn sie sich etwa unter Nr. 2.3. ihrer „Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck“ (Anlagenkonvolut K 3 a.E.) mit „entgegenstehendem Recht“ befasse.

Von seiner (beklagtenseits bestrittenen) Behauptung, dass die Beklagte auch (rein) innerdeutsche Flüge anbiete bzw. angeboten habe, ist der Kläger abgerückt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 – 15 O 666/10 – teilweise abzuändern und die Beklagte weiterhin zu verurteilen,

es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland in der deutschsprachigen Version des über die Internetadresse www.r… .com/de erreichbaren Dienstes der Informationsgesellschaft Luftbeförderungsleistungen, bei denen der Abflughafen oder der Zielflughafen in der Bundesrepublik Deutschland liegt, anzubieten und auf die Tatsache, dass nach den Vertragsbedingungen für das Vertragsverhältnis irisches Recht maßgeblich sein soll, ausschließlich derart hinzuweisen, dass

unter Ziffer 7 der Nutzungsbedingungen, deren Kenntnisnahme durch Betätigen eines Ankreuzfeldes mit der Gestaltung

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bestätigt werden soll, folgende Erklärung gegeben wird:

Durch die Nutzung der Website von R…, einschließlich der Nutzung der Informationen in Verbindung mit Flugdaten, Preisen usw., erklären sich die Parteien mit der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichtsbarkeit in der Republik Irland und der Anwendbarkeit der dortigen Gesetze einverstanden.

und

in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen, deren Einbeziehung im Buchungssystem durch Betätigen eines Ankreuzfeldes mit dem Text:

[Abbildung]

erfolgen soll, folgende Regelung unter Artikel 18 vorgehalten wird:

ARTIKEL 18 – ANDWENDBARES RECHT UND GERICHTSSTAND

Ihr Beförderungsvertrag mit R…, darunter R… ’s allgemeine Reise- und Geschäftsbedingungen sowie allgemeine Beförderungsbedingungen, untersteht dem irischen Recht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt – soweit mit der Berufung des Klägers angegriffen – die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen.

Zu ihrer eigenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt unter anderem vor.

Bereits ihre ursprünglich unter der Rubrik „Kontakt“ angegebene postalische Adresse, Faxnummer sowie mehrere Telefonnummern genügten den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG, denn diese Angaben versetzten die Nutzer des Telemediums mindestens in vergleichbarer Art und Weise in die Lage, mit der Beklagten schnell, unmittelbar sowie effizient in Kontakt zu treten, wie es auch bei einer Angabe der Adresse der elektronischen Post der Fall wäre. Bei der – insoweit gebotenen – teleologischen Auslegung besagter Vorschrift sei außerdem zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten mit über 70 Millionen Jahrespassagieren und 99,8 % Online-Buchungen die zusätzliche Angabe einer E-Mail-Anschrift zu einer kaum noch zu bearbeitenden Zahl von E-Mail-Nachrichten führen würde, wobei auch noch das Problem der Spam-E-Mails hinzutrete). Daher gäben auch andere europäische Fluggesellschaften keine oder nur unzureichende/unpassende E-Mail-Adressen auf ihrer Internetpräsenz an. Außerdem habe die Beklagte mit der (unstreitigen) Einführung (und nochmaligen Verbesserung) des Online-Kontaktformulars den gesetzlichen Anforderungen nach einer elektronischen Kontaktaufnahmemöglichkeit Genüge getan.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2012, Az.: 15 O 666/10, teilweise abzuändern und die Klage – weiter gehend – insoweit abzuweisen, als die Beklagte bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an den Direktoren, dazu verurteilt wird, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in der Bundesrepublik Deutschland

in der deutschsprachigen Version des über die Internetadresse www.r… .com/de erreichbaren Dienstes der Informationsgesellschaft ihre Luftbeförderungsleistungen anzubieten und dabei nicht eine Adresse der elektronischen Post (E-Mail-Adresse), an die sich Verbraucher mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland wenden können, anzugeben.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt – soweit mit der Berufung der Beklagten angegriffen – die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Beide Rechtsmittel gegen das landgerichtliche Urteil sind statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg.

I.

Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit angenommen (LGU 15-17). Die Parteien des Berufungsverfahrens ziehen das nicht (mehr) in Zweifel und der Senat verweist – dem gleichfalls zustimmend – darauf.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Mit Recht hat das Landgericht den Klageantrag I 2 (wegen angeblich nicht hinreichenden Hinweises auf die [von der Beklagten erstrebte] Anwendung irischen Rechts) abgewiesen.

1. Mit Recht – und insoweit von der Berufung nicht angegriffen – hat das Landgericht insoweit das Vorliegen einer irreführenden Handlung i.S. von § 5 UWG verneint [LGU 27-28]. Die Berufung greift das nicht an und der Senat verweist zustimmend darauf.

2. Ebenfalls zustimmungswürdig – und insoweit von der Berufung vergeblich angegriffen – ist die Beurteilung des Landgerichts, dass auch keine Unlauterkeit i.S. von § 5a Abs. 1 und 2 UWG vorliegt. Entgegen der Einschätzung der Berufung hat die Beklagte in dem angegriffenen Internet-Auftritt weder „verschwiegen“, dass die Anwendung irischen Rechts vereinbart werden soll, noch dem Verbraucher diese Information „vorenthalten“. Der Senat verweist auf die nach seiner Auffassung im Wesentlichen richtigen diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (LGU 28-34) und ergänzt diese mit Blick auf das Berufungsvorbringen lediglich wie folgt:

a) Eine Erwartung des inländischen Referenzverbrauchers (= durchschnittlich informierter und verständiger, situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher, vgl. BGH GRUR 2012, 1053, Rn. 19 – Marktführer Sport), der auf der streitgegenständlichen Internetseite einen Flug bucht, es werde zur Anwendung deutschen Rechts kommen, lässt sich nicht feststellen. Zu einer solchen Annahme besteht kein hinreichender Anlass. Der Senat kann diese und die nachfolgend in diesem Zusammenhang wiedergegebenen Einschätzungen des „Referenzverbrauchers“ aus eigener Anschauung abgeben, zumal der befasste Einzelrichter – wie in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt – häufig (international) fliegt und häufig (internationale) Flüge im Internet bei verschiedenen (in- und ausländischen) Fluggesellschaften bucht und sonach zu den von der Werbung angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres gehört.

aa) Besagter Referenzverbraucher weiß – das räumt die Berufung ein – dass es sich bei der Klägerin um ein ausländisches Flugunternehmen handelt. Es geht stets um Flüge mit Auslandsberührung, denn rein innerdeutsche Flüge bietet und bot die Beklagte nicht an (von der gegenteiligen Behauptung ist zuletzt auch die Berufung abgerückt). Für den Verbraucher kann es daher zunächst einmal jedenfalls nicht völlig überraschend sein, wenn ein Unternehmen – schon zur Rechtsvereinheitlichung gegenüber allen, aus vielen verschiedenen Ländern stammenden Flugpassagieren – versuchen wird, die verschiedenen Heimatrechtsordnungen der jeweiligen Internetnutzer bei der Flugbuchung „abzubedingen“ und stattdessen die Vereinbarung des – nahe liegend – eigenen Heimatrechts anzustreben.

bb) Eine insoweit gegenteilige Erwartungshaltung des inländischen Referenzverbrauchers wird auch nicht durch die Erreichbarkeit des streitgegenständlichen Internetauftritts per Nutzereingabe von „www.r… .de“ und automatischer Weiterleitung auf „www.r… .com/de“ (Unterstreichungen nur hier) erzeugt. Ebenso wenig gilt das für den Umstand, dass der so erreichte Internetauftritt weitest gehend in deutscher Sprache gehalten ist. Denn es ist gemeinhin bekannt, dass international anbietende Unternehmen nach Möglichkeit ihre jeweilige Second-Level-Domain soweit möglich für alle nationalen Top-Level-Domains (der jeweils anvisierten Absatzgebiete) registrieren lassen und ihre Produkte insoweit „überall“ und auch in jeweils verschiedenen Sprachen anbieten, um auf diese Weise möglichst viele Verbraucher in möglichst vielen Staaten anzusprechen. Ein solches Agieren lässt freilich (wie auch im Streitfall) den Schluss zu, dass die Tätigkeit eines solchen Unternehmers auf den jeweiligen Staat (i.S. etwa von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO) „ausgerichtet“ ist (vgl. EuGH NJW 2011, 505). Ein Bestreben des Unternehmens, damit auch das Heimatrecht des jeweils auf diese Weise angesprochenen Verbrauchers zur Anwendung kommen zu lassen, wird ein verständiger Verbraucher aus einer solchen Vorgehensweise aber nicht schlussfolgern.

cc) Auch das insoweit geltende Internationale Privatrecht lässt nicht auf ein dahingehendes Verständnis des inländischen Referenzverbrauchers schließen, bei der Flugbuchung im streitgegenständlichen Internetauftritt komme es (zwingend und ohne weiteres) zur Anwendung inländischen Vertragsrechts. Bis Ende 2009 dürfte insoweit die bis dahin geltende Vorschrift des Art. 28 EGBGB a.F. zur Anwendung des Heimatrechts des Flugunternehmens geführt haben und somit die Verbrauchererwartung – wenn überhaupt – in die genau gegenteilige Richtung gelenkt haben. Seither kann hinsichtlich Verbraucherverträgen zwar grundsätzlich zwingendes inländisches Heimartrecht zum Schutz des Verbrauchers nicht mehr per Vereinbarung einer anderen Rechtsordnung „abbedungen“ werden (Art. 6 Abs. 1, 2 Rom I), was insoweit die Verbrauchervorstellungen und -erwartungen prägen mag. Nimmt man letzteres an, leuchtet aber nicht ein, warum Gleiches nicht auch hinsichtlich der insoweit bestehenden Ausnahme für Personenbeförderungsverträge (vgl. Art. 6 Abs. 1 [„Unbeschadet …“], Abs. 4 Buchst. b, Art. 5 Abs. 2 Rom I) gelten soll, wonach nämlich eine vom Heimatrecht des Verbrauchers fort- und zum Heimatrecht des Unternehmers hinführende Rechtswahl ohne die Beschränkungen des Art. 6 Abs. 1, 2 Rom I möglich ist.

b) Lässt daher die aktuelle Rechtsordnung eine Rechtswahl, wie die Beklagte sie in ihrem streitgegenständlichen Internetauftritt zu praktizieren sucht, zu, und ist es nach aktuell gültiger Rechtslage des Weiteren so, dass diese Rechtswahl – wovon beide Parteien ausgehen, was auch nicht Streitgegenstand ist und was deshalb auch der Senat im Streitfall als zutreffend unterstellt – auch per wirksam einbezogener Allgemeiner Geschäftsbedingungen rechtsverbindlich getroffen werden kann, dann wäre es aus der Sicht des Senats inkonsequent, wollte man dem Verwender solcher AGB über den „Umweg“ des § 5a AGB doch wieder gesonderte Hinweise außerhalb des Klauselwerks (etwa im „werbenden“ Teil seines Internetauftritts) auf deren diesbezüglichen Inhalt abverlangen. Dergleichen erwartet ein Referenzverbraucher auch nicht.

c) Allein dass die jeweilige Rechtswahlklausel in den beiden streitgegenständlichen Bedingungswerken der Beklagten nicht gleich zu Anfang sondern erst gegen Ende aufgeführt werden, führt für sich genommen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Allgemeine Geschäftsbedingungen bestehen naturgemäß tendenziell aus Regelungen, die vom dispositiven Recht zum Vorteil des Verwenders und zum Nachteil des Vertragspartners – im Streitfall des Verbrauchers – abweichen. Irgendetwas dieser Art steht also immer mehr Anfang und irgendetwas immer mehr am Schluss eines Bedingungswerks. Das ist „dem Kleingedruckten“ immanent. Nach der Auffassung des Senats geht es daher im Allgemeinen nicht an, dem Unternehmer vorzuhalten, die von ihm nun einmal für den Schluss auserwählte Klausel hätte zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 5a UWG „weiter nach vorne gehört“. Denn irgendetwas muss nun auch den Schluss des Bedingungswerkes bilden. Der Senat geht im Übrigen – wohl entgegen der Berufung – auch nicht davon aus, der Referenzverbraucher erwarte bei der Durchsicht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass „Wichtiges“ etwa „weiter vorne“ stünde als „Unwichtiges“.

III. Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die lauterkeitsrechtliche Unterlassungsklage hinsichtlich der nicht angegebenen E-Mail-Anschrift für zulässig und gemäß § 2 UKlaG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG für begründet erachtet. Der Senat verweist auf die nach seiner Auffassung richtigen diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (LGU 18-26) und ergänzt diese mit Blick auf das Berufungsvorbringen lediglich wie folgt:

1. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG gebietet – in Wortlautkongruenz mit dem dadurch umgesetzten Art. 5 Abs. 1 lit c Richtlinie 2000/31/EG – die Angabe der Adresse der elektronischen Post. Das ist die E-Mail-Anschrift.

2. Der Gerichtshof der Europäischen Union führt aus „dass der Diensteanbieter verpflichtet ist, … neben seiner Adresse der elektronischen Post weitere Informationen zur Verfügung zu stellen“ (EuGH NJW 2008, 3553, Rn. 40). M.a.W. besteht nach geltendem Recht erst einmal (vor anderen Pflichten) die Pflicht zur Angabe der E-Mail-Anschrift (siehe auch Brönneke in: Roßnagel, Recht der Telemediendienste, § 5 TMG Rn. 59; Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., § 5 TMG Rn. 40).

3. Demgegenüber widerstreitet die Auffassung der Beklagten, die Angabe der E-Mail-Anschrift sei beim Anerbieten eines entsprechenden Surrogats entbehrlich, dem geschriebenen Recht. Sie lässt sich auch nicht mit teleologischer Auslegung begründen. Denn jede Auslegung, auch die teleologische, findet ihre Grenze im (natürlichen und eindeutigen) Gesetzeswortlaut. Besagte – hier abgelehnte – Auffassung überschreitet diese Grenze. Ergänzend gilt im Einzelnen noch das Folgende:

4. Eine Telefaxnummer ist keine E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der elektronischen Post. Sie ist dieser auch nicht gleichwertig (vgl. auch Brönneke a.a.O. Rn. 59) und bewirkt einen „Medienbruch“. Jeder Internetnutzer kann E-Mails verschicken. Aber nicht jeder Internetnutzer, schon gar nicht, wenn er Verbraucher ist, hat ein Telefaxgerät. Außerdem ist der Telefaxversand in der Regel kostenträchtiger als der E-Mail-Versand und auch zeitaufwändiger. Auch die technische Möglichkeit und die Kenntnis, ein Computer-Fax zu verschicken, hat nicht jeder Internetnutzer, schon gar nicht, wenn er Verbraucher ist.

5. Eine Telefonnummer ist keine E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der elektronischen Post. Sie ist dieser auch nicht gleichwertig (vgl. auch Brönneke a.a.O. Rn. 60) und bewirkt einen „Medienbruch“. Das gesprochene Wort ist flüchtig. Man kann es nicht dokumentieren, jedenfalls nicht ohne Weiteres. Die telefonische Kommunikation hinterlässt, auch wenn sie als eine unmittelbare und effiziente Kommunikation angesehen werden kann, keine greifbaren Spuren (EuGH NJW 2008, 3553, Rn. 28). Nicht wenige schreiben (und lesen) lieber als dass sie reden (und zuhören). Je nach der Art der angegebenen Telefonnummer kann ein Telefongespräch auch (ggf. sogar in erheblichem Umfang) kostenträchtiger sein als der E-Mail-Versand.

6. Ein Online-Kontaktformular (von der Beklagten ohnehin erst zeitlich nach der Beanstandung des hier konkret in Rede stehenden Internetauftritts im Nachhinein ins Spiel gebracht) ist ebenfalls keine E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der elektronischen Post. Es ist dieser auch nicht gleichwertig (ebenso LG Essen MMR 2008, 196), jedenfalls nicht völlig. Der Verbraucher muss sich in ein ihm vom Unternehmer vorgegebenes Formular „zwängen“ lassen. So folgt aus dem Vorbringen der Beklagten zu einem von ihr konzipierten Formular beispielsweise, dass der Verbraucher sein Begehren einer bestimmten Rubrik, die die Beklagte neben anderen von ihr jeweils definierten vorgibt, „zuordnen“ muss und dass er bei der Texteingabe in der Zeichenanzahl ebenso begrenzt ist wie im Umfang bzw. der Anzahl anhängbarer Dateien. Dies alles stellt den Nutzer schlechter, als wenn er eine E-Mail nach freiem Gutdünken mit beliebiger Zeichenanzahl schreibt, sie mit Anhängen beliebiger Anzahl versieht und in eigener Verantwortung über den von ihm ausgewählten E-Mail-Dienstleister „auf den Weg bringt“. Dagegen hat es der Nutzer nicht in der Hand, auf welchem Weg seine Nachricht im Online-Formular den Nutzer erreicht. Sie ist nach dem Klicken auf „Senden“ in der Regel erst einmal „verschwunden“‚ und nur im günstigen Fall taucht häufig allenfalls ein Fenster „Vielen Dank für Ihre Nachricht auf“. Und der Nutzer ist auch nicht einmal – jedenfalls nicht ohne Weiteres – in der Lage, den Absendevorgang nebst vollständigem Inhalt der abgesandten Nachricht selbst sofort zu dokumentieren, wohingegen eine abgeschickte E-Mail selbstverständlich und automatisch als gespeicherte Datei auch im eigenen Herrschaftsbereich „verbleibt“ und sofort nach dem Abschicken an einer sinnvollen Stelle archiviert wird oder werden kann. Ob es demgegenüber nach dem Abschicken des Online-Formulars – wie es die Beklagte angibt – dann auch tatsächlich mit einer alsdann automatisch zurück kommenden Bestätigungsmail (einschließlich Wiedergabe des ursprünglich abgesandten Textes) klappt, bleibt für den Verbraucher zunächst einmal ungewiss. Wer sicher gehen will, dass es mit der Dokumentation klappt und diese deshalb von vornherein in die eigenen Hände nimmt, ist in dieser Online-Formular-Variante genötigt, nach Abfassen und vor Absenden des Textes diesen – umständlich – in ein eigenes, zuvor generiertes (z.B. Word-) Dokument zu kopieren, und dies nur, um sicher zu stellen, dass der eigene Text nach dem Absenden nicht irgendwo im „virtuellen Nichts“ für immer verloren ist.

Dies alles lässt die Möglichkeit des „freien E-Mail-Versands“ auch gegenüber derjenigen des „vorgegebenen Online-Formular-Versands“ vorteilhaft erscheinen. Das eine E-Mail-Anschrift ersetzende Online-Formular in der von der Beklagten angeführten Spielart widerstreitet nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes. Es ist für viele Verbraucher auch eine unfreundliche Alternative. Es ist deshalb, soweit es nicht neben der Angabe einer E-Mail-Anschrift zusätzlich vorgehalten wird (dazu EuGH NJW 2008, 3553), abzulehnen (de lege lata).

7. Die Berufung meint, weil die Beklagte viele Kunden habe, drohten viele E-Mail-Eingänge. Bei den angeführten Zahlen nehme der Bearbeitungsaufwand dann ein grundrechtsrelevantes Ausmaß an (Art. 12, 14 GG). Das überzeugt nicht. Wer viele Kunden hat, geniert auch Umsätze in entsprechender Höhe und kann somit in die Bearbeitung der entsprechenden Kundenresonanz angemessen investieren. Der dadurch entstehende Kostenaufwand lässt sich – wie das wohl bei den meisten Unternehmen in entsprechender Situation gehandhabt werden dürfte – auf die Preise umlegen. Relevante Nachteile im Wettbewerb dürften dadurch nicht entstehen, denn zumindest in der Union unterliegen alle Mitbewerber der Beklagten insoweit den gleichen Regeln. Auch einer – ohnehin ebenfalls für jedermann gleichermaßen bestehenden – „Spam-Gefahr“ misst der Senat nicht die Ausmaße zu wie es die Beklagte tut, zumal sich dem mit dem Einsatz – laufend aktualisierter – Filtersoftware auch nachhaltig begegnen lässt. Gewisse – natürlich nicht von der Hand zu weisende – „Belastungen“ der Beklagten (wie auch eines jeden anderen Normadressaten) müssen – auch mit Blick auf die in Art. 12, 14 GG vorgesehenen Grundrechtsschranken – hingenommen werden. Denn der mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verbundene Eingriff ist durch die damit verknüpften vernünftigen sachlichen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (ausführlicher dazu Brönneke, a.a.O. Rn. 16 und Rn. 2-8).

8. Gleichfalls vergeblich verweist die Berufung auf andere Internetauftritte von Mitbewerbern der Beklagten mit ihrer Auffassung nach vergleichbar gehandhabter Vorhaltung von Kontaktinformationen wie es ihr hier vorgeworfen wird. Unlauterer Wettbewerb wird nicht dadurch zu einem zulässigen, wenn viele ihn betreiben (vgl. a. Senat GRUR-RR 2013, 223, 224 – Klick und wirf zurück).

9. In vorstehendem Zusammenhang ist eine Aussetzung des Rechtsstreits zwecks Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV (dazu auch BVerfG GRUR 2010, 999, Rn. 45 ff. – Drucker und Plotter) entgegen der Annahme der Berufung nicht veranlasst. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen ist hier die „richtige“ Anwendung des Unionsrechts nach Auffassung des Senats derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel für die Beantwortung der (hier von der Berufung) aufgeworfenen Frage bleibt.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Den Ausführungen zur Berufung des Klägers lag die Beurteilung eines konkret angegriffenen Internetauftritts im Einzelfall zugrunde, und zwar im Wesentlichen in tatrichterlicher Würdigung (des Verbraucherverständnisses). Auch bei der Beurteilung der Berufung der Beklagten haben sich Fragen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht (ernsthaft) gestellt.