LG Köln: Hält sich bedeckt – Pressemitteilung in Sachen Urmann + Collegen „The Archive AG“ (Streaming)

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass das LG Köln im Rahmen des Auskunftsbeschlusses nach § 101 Abs. 9 UrhG zugunsten der „The Archive AG“ offensichtlich geschlampt hat.

In dem durch den Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt Daniel Sebastian der „The Archive AG“ veröffentlichten Beschluss vom 12.08.2013 – 226 O 86/13 – stellt das Gericht fest:

„Durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werks zu aus der Anlage ersichtlichen Zeitpunkten über eine sog. Tauschbörse liegt zudem eine Rechtsverletzung i.S.v. § 19a UrhG vor. Ein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung ist für einen Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 19.04.2012- I ZB 80/11 „Alles kann besser werden“).“

Dieser – aus Filesharing-Beschlüssen nach § 101 Abs. 9 UrhG entnommene – Textbaustein trifft auf das Streaming jedenfalls nicht zu. Denn „öffentlich Zugänglichmachen“ i.S.d. § 19a UrhG bedeutet

„das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.“

Dies ist beim Streaming durch den Nutzer gerade nicht der Fall.

Die Vermutung, dass Anträge nach § 101 Abs. 9 UrhG einfach „durchgewunken“ werden, steht bereits seit langem im Raum. Das oben bezeichnete Verfahren dürfte dazu beitragen, dass sowohl die Gerichte als auch die Abgemahnten bzw. deren Verfahrensbevollmächtigte sich zukünftig intensiver mit derartigen Beschlüssen auseinandersetzen werden.

Schließlich steht dem Abgemahnten gemäß § 58 FamFG die Möglichkeit zu, Beschwerde gegen den Auskunftsbeschluss einzulegen. Sofern die Gerichte Anträge nach § 101 Abs. 9 UrhG in der Vergangenheit – aus Mangel an Personal und/oder Zeit – tatsächlich durchgewunken haben sollten, dürfte sich diese Praxis aufgrund der vorliegenden Geschehnisse nunmehr rächen, indem der Arbeitsaufwand zur Bearbeitung von Beschwerden nach dem FamFG die ersparte Zeit wieder auffressen dürfte.

In seiner Pressemitteilung vom 10.12.2013 hält das Gericht sich bedeckt und erteilt lediglich allgemeine Auskünfte.


Landgericht Köln Pressestelle

Stellungnahme des Landgerichts Köln zu Abmahnungen durch die „The Archive AG“

Aufgrund der Vielzahl der Anfragen zu den im Namen der „The Archive AG“ ausgesprochenen Abmahnungen weist das Landgericht Köln auf folgende Aspekte hin: Die Beschlüsse, mit denen die Auskunftserteilung genehmigt worden ist, beruhen auf § 101 Abs. 9 des Urheberrechtsgesetzes. Diese Vorschrift gibt dem Urheber eines Werkes im Falle der Verletzung seines Urheberrechts in gewerblichem Ausmaß einen Anspruch auf Auskunft gegenüber Internetprovidern dergestalt, dass diese ihm dann Namen und Anschrift derjenigen ihrer Kunden, denen eine bestimmte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war, benennen müssen.

Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall gegeben waren, ist in den ca. 90 hier anhängig gewesenen Verfahren durch die jeweils zuständigen Zivilkammern unterschiedlich beurteilt worden. Während teilweise den Anträgen stattgegeben worden ist, wurde teilweise auch der Antrag zurückgewiesen oder nach einem vom Gericht erteilten Hinweis von der Antragstellerin zurückgenommen. Eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb des Landgerichts existiert insoweit nicht.

Mit den Anträgen wurde im hier interessierenden Fall (wie auch in den anderen Fällen der beim Landgericht Köln anhängigen Auskunftsansprüche anderer Rechteinhaber) Auskunft über jeweils mehrere IP-Adressen begehrt; die Zahl der beigefügten IP-Adressen lag zwischen 400 und 1000. Insgesamt wurden die Anträge von 16 verschiedenen Zivilkammern bearbeitet.

Mit der Entscheidung über die Auskunftsanträge ist keine Aussage darüber verbunden, ob der Anschlussinhaber, dem eine bestimmte IP-Adresse zugeordnet war, selbst die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat und ob die Abmahnung hinsichtlich der Höhe berechtigt ist. Zu inhaltlichen Aspekten einzelner Verfahren und zur Begründung der Beschlüsse kann die Pressestelle des Landgerichts Köln keine Stellungnahme abgeben.

Anschlussinhabern, die mit der Auskunftserteilung nicht einverstanden sind, steht ggf. ein Beschwerderecht zu. In diesem Rahmen können die Entscheidungen nochmals überprüft werden. Konkrete Handlungsempfehlungen zur Frage der Berechtigung der Abmahnung – kann und darf das Landgericht Köln insoweit nicht geben. Bei Bedarf an rechtlicher Beratung sollten sich Betroffene an einen Rechtsanwalt ihrer Wahl oder an Verbraucherschutzorganisationen wenden.

Heute ist aufgrund von Mitteilungen Betroffener gegenüber dem Landgericht Köln bekanntgeworden, dass sich offenbar Dritte als Rechteinhaber „The Archive AG“ bzw. deren Vertreter (Rechtsanwälte Urmann + Collegen) ausgegeben haben und von Internet-Nutzern per Email die Zahlung von Abmahngebühren für angebliche Urheberrechtsverletzungen gefordert haben. Diese Emails, die offenbar von Trittbrettfahrern stammen, zeichnen sich dadurch aus, dass auf Rechtsverletzungen zu einem Zeitpunkt abgestellt wird, der in der Zukunft liegt (z.B. 16.12.2013 oder 23.12.2013) und dass die Absenderadresse nicht zum Anzeigenamen passt. Es muss befürchtet werden, dass sich im Anhang dieser Emails sog. Malware (Virus- oder sonstige Schadprogramme) befindet; von einem Öffnen ist daher dringend abzuraten.