OLG Celle: Zur Irreführenden Werbung bei Unterlassen der Rechtsformangabe in einer Zeitungswerbung -13 W 79/13 –

OLG Celle, Beschluss vom 29.10.2013, 13 W 79/13
§ 5a Abs 3 Nr 2 UWG

Irreführende Werbung: Werbung für eine Kreuzfahrt; Pflicht zur Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens

Leitsätze des Gerichts

1. Eine Aufforderung zum Vertragsschluss im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG liegt vor, wenn in der Werbung für eine Kreuzfahrt neben Reiseterminen, Reisedauer, Reiseroute, Kabinenpreis auch die Anschrift des Reisebüros mitgeteilt werden; Angaben zum Standard der Schiffskabine bedarf es dann nicht.

2. Die Identität eines Unternehmens ergibt sich nicht bereits aus der Mitteilung von Telefonnummer und Internet-Adresse in einer Zeitungsanzeige.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 30. September 2013 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft,
oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, wenn dies wie folgt geschieht:

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 569 Abs. 1 u. 2 ZPO) zulässig.

II. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

1. Der Verfügungsanspruch besteht.

Dem Antragsteller steht der begehrte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG i. V. mit § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.

a) Die Antragsgegnerin ist passivlegitimiert. Der Antragsteller hat durch Vorlage des Registerauszugs der Stadtverwaltung M .vom 25. September 2013 (Anlage A 9) und dem Auszug aus dem Internet-Auftritt der Antragsgegnerin unter www …. .de/ag 1/m…1/Web/I. ….asp glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin unter der Firmierung „F. R.“ auftritt und unter der Anschrift „…“ eine Betriebsstätte unterhält.

b) Soweit die Antragsgegnerin am 18. August 2013 auf Seite 2 des „A. A. a. S. M.“ im unteren Drittel links für eine Flusskreuzfahrt an Bord der T. M. von P. über W. und B1 nach B2 und L. geworben hatte, hat sie gegen § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG verstoßen.

aa) Gem. § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern i. S. des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen der Kommunikationsmittel wesentlich ist. Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG gilt die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich, wenn Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, es sei denn, diese Informationen ergeben sich unmittelbar aus den Umständen.

Die Pflicht zur Information über die Identität des Unternehmers erfordert dabei auch die Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens (BGH, Urteil vom 18. April 2013 – I ZR 180/12 – Brandneu von der IFA, juris Rn. 11). Dies ist vorliegend mit der streitgegenständlichen Werbeanzeige nicht geschehen, da insoweit nur die Firmenbezeichnung „F. R.“ mitgeteilt wird, nicht aber dass dahinter das Unternehmen T. L. T. GmbH steht.

Da die Antragsgegnerin als Reisebüro typischerweise lediglich die Tätigkeit eines Vermittlers von Reiseleistungen und nicht die Verantwortung für deren ordnungsgemäße Durchführung übernimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. September 2010 – Xa ZR 130/08, juris Rn. 12; MünchKomm/Tonner, BGB, 6. Aufl., § 651a Rn. 43), fehlt es in der Werbeanzeige auch an der Angabe des Reiseveranstalters als Vertragspartner des Verbrauchers (vgl. OLG München, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 6 U 1577/11, juris Rn. 24).

b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts enthält die streitgegenständliche Werbung auch eine abschlussfähiges Angebot i. S. des § 5a Abs. 3 UWG.

Ein abschlussfähiges Angebot i. S. des § 5a Abs. 3 UWG setzt weder voraus, dass es sich um ein bindendes Angebot gemäß § 145 BGB handelt, noch, dass es sich um eine Aufforderung zur Abgabe eines solchen Angebots handelt. Es ist auch nicht erforderlich, dass alle vertragswesentlichen Regelungen bekannt sind (OLG Schleswig, Urteil vom 3. Juli 2013 – 6 U 28/12, juris Rn. 12; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5a Rn. 30a). Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist vielmehr schon dann eröffnet, wenn die für den Kaufentschluss wichtigsten Vertragsbestandteile, mithin das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend konkret benannt werden und den Verbraucher in die Lage versetzen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen (OLG Schleswig, Urteil vom 3. Juli 2013, a. a. O.).

Nach Art. 2 lit. I) UGP-RL (Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vom 11. Mai 2005) ist eine Aufforderung zum Kauf i. S. von Art. 7 Abs. 4 UGP-RL jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Nach dem Erwägungsgrund 14 Satz 4 UGP-RL kann nicht jede Werbung als Aufforderung zum Kauf angesehen werden. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings hervorgehoben, dass nur eine nicht restriktive Auslegung des Begriffs der Aufforderung zum Kauf mit dem Richtlinienziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen, in Einklang stehe (EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 – C-122/10 – Konsumentenombudsmann/Vin Sverige AB, juris Rn. 29).

Voraussetzung für die Annahme einer Aufforderung zum Kauf sei aber, das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können. Nicht ausgeschlossen sei dabei eine Bezugnahme in Wort und Bild. Ob eine bestimmte kommerzielle Kommunikation den Verbraucher unter Berücksichtigung des eingesetzten Kommunikationsmittels in die Lage versetzt, eine geschäftliche Entscheidung bezüglich eines Produkts zu treffen, sei dabei im Einzelfall zu entscheiden; das gelte auch dann, wenn nur bestimmte, das Produkt kennzeichnende Merkmale genannt werden (EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011, a. a. O., juris Rn. 59).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angebotene Flusskreuzfahrt in der streitgegenständlichen Anzeige hinreichend individualisiert und konkretisiert, da sowohl die Reisetermine am 13. und 19. Oktober 2013, die Reisedauer mit 6 Nächten, das Kreuzfahrtschiff T. M. als auch die Reiseroute von P. über W. und B1 nach B2 und L. zurück nach P. neben dem Preis von 649 € für eine Doppelkabine mit Vollpension pro Person beworben worden ist.

Gleichfalls ist die Anschrift der Betriebsstätte der Antragsgegnerin in M. neben den notwendigen Kontaktinformationen aufgeführt, so dass der Verbraucher aufgrund der vorgenannten Angaben in der Lage ist, eine Kaufentscheidung zu treffen. Die Informationen erschöpfen sich nicht lediglich darin, eine Produktgattung oder eben bloß eine Marke zu Werbezwecken anzupreisen. Einer weiteren Konkretisierung darüber, welchem Standard die Schiffskabinen im Einzelnen entsprechen, bedarf es nicht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Mai 2013 – 6 U 60/13, juris Rn. 6; OLG Schleswig, Urteil vom 3. Juli 2013, a. a. O., juris Rn. 26, 27).

Dass nicht auch der Reiseveranstalter genannt ist, steht dem Vorliegen eines annahmefähigen Angebots nicht entgegen (vgl. nur OLG München, Urteil vom 1. Dezember 2011, a. a. O., juris Rn. 24; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 5a Rn. 30d). Der Kunde kann den von ihm gewünschten Geschäftsabschluss ohne weiteres bei dem Besuch des beworbenen Reisebüros erreichen, da er typischerweise dort seine Reise verbindlich mit seinem Vertragspartner dem Reiseveranstalter bucht.

c) Die Identität der Antragsgegnerin wird dem Verbraucher auch nicht bereits dadurch in hinreichender Weise zugänglich gemacht, dass in der Werbeanzeige eine Internet-Adresse und eine Telefonnummer genannt werden.

Sinn und Zweck der Informationspflicht ist es, dass der Verbraucher aufgrund der Angaben ohne Schwierigkeiten mit dem anbietenden Unternehmen Kontakt aufnehmen kann. Er soll wissen, mit wem er es zu tun hat, mit wem er in geschäftlichen Kontakt tritt und wie er seinen potentiellen Geschäftspartner erreichen kann (OLG Schleswig, Urteil vom 3. Juli 2013, a. a. O., juris Rn. 29); und zwar auf klare und unmissverständliche Weise (BGH, Urteil vom 18. April 2013, a. a. O., juris Rn. 13). Dies ist dann nicht gewährleistet, wenn er erst im Falle der Auseinandersetzung mit dem Unternehmer dessen exakte Identität ermitteln muss.

Darüber hinaus ist die Mitteilung der Identität des Vertragspartners aber auch für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, weil dieser dadurch in die Lage versetzt wird, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit des von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen, aber auch dessen wirtschaftliche Potenz, Bonität und Haftung einzuschätzen (BGH, Urteil vom 18. April 2013, a. a. O.).

Die Telefonnummer sowie die Internet-Adresse, die in der Anzeige mitgeteilt werden, stellen insoweit keine ausreichenden Angaben der Identität eines Unternehmens dar (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Mai 2013, a. a. O., juris Rn. 7). Zwar kann es ausreichend sein, wenn der Gewerbetreibende im Übrigen auf seine Webseite verweist, sofern sich dort wesentliche Informationen über die maßgeblichen Merkmale des Produkts, dessen Preis und die übrigen Erfordernisse gemäß Art. 7 der Richtlinie finden (EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011, a. a. O., juris Rn. 59). Ob dies im Einzelfall genügt, den Vorgaben der Richtlinie 2005/29 zu entsprechen, hängt insbesondere auch von der Art des verwendeten Kommunikationsmediums ab (EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011, a. a. O.).

Diesbezüglich ist ein Unterschied zu machen, ob die streitgegenständliche Flusskreuzfahrt im Internet oder aber – wie hier – in einer Zeitungsanzeige beworben wird. Dies folgt zum einen daraus, dass hier als Kommunikationsmittel eine Werbeanzeige in der Zeitung gewählt worden ist, so dass der für den durch diese Werbung angesprochenen Verbraucher nicht unbedingt den Weg wählen wird, weitere Informationen über die Identität der Antragsgegnerin erst aufgrund der Durchsicht ihres Internet-Auftritts zu ermitteln. Zudem hat nach wie vor ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung keinen Zugang zum Internet und kann daher auch dort bestehende Informationsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – I ZR 40/11 – Pharmazeutische Beratung über Call-Center, juris Rn. 23).

Im Übrigen bedürfte es eines ausdrücklichen Hinweises des Werbenden, dass detaillierte Angaben zu seiner Identität auf seiner Internet-Seite zu finden seien (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Mai 2013, a. a. O., juris Rn. 7). Dies ist hier aber nicht geschehen.

d) Das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG ist erfüllt, da es um die Vorenthaltung von Informationen geht, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft (BGH, Urteil vom 18. April 2013, a. a. O., juris Rn. 19; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5a Rn. 57).

2. Der Verfügungsgrund ist gegeben. Die Dringlichkeit wird gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet.

III. Die Entscheidung des Senats konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da ein besonders dringender Fall i. S. des § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt.

Es ist vorliegend von einer gesteigerten Gefährdung der Rechte des Antragstellers auszugehen, da die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung den Zweck der einstweiligen Verfügung gefährden würde (vgl. Mayer in Vorwerk/Wolf, Beck-OK ZPO, Stand 15.07.2013, § 937 Rn. 5). Die Antragsgegnerin hat mit Anwaltsschreiben vom 13. September 2013 (Anlage A 5) die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung abgelehnt, weil sie einen Verstoß gegen die Informationspflichten des § 5a UWG verneint. Es ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich wiederholt Wettbewerbsverstöße begeht, indem sie in der Art und Weise, wie in dem „A. A. a. S. M.“ vom 18. August 2013 geschehen, Reiseangebote bewirbt. Ein weiteres Zuwarten mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung ist daher nicht geboten, da der Senat frühestens in der 47. Kalenderwoche über die einstweilige Verfügung verhandeln könnte.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.