VG Köln: Widerruf der Registrierung als Inkasso-Rechtsdienstleister bei begründeter Annahme dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen

VG Köln, Beschluss vom 07.02.2014, 1 L 1262/13

Leitsätze des Verfassers

1. Die Registrierung eines Inkassodienstleisters im Rechtsdienstleistungsregister kann durch die zuständige Behörde widerrufen werden, wenn die begründete Annahme der Erbringung dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen besteht, § 14 Nr. 3 RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz) 

2. Die begründete Annahme der Erbringung dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen kann sich daraus ergeben, dass der Inkasso-Dienstleister den unzutreffenden Eindruck vermittelt, Rechtsschutz gegen die von ihm eingetriebenen Forderungen sei aussichtslos, wodurch die Adressaten zu möglicherweise unnötigen Zahlungen veranlasst werden. 


Gründe

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 23.08.2013 gegen den Widerruf der Registrierung der Antragstellerin als Rechtsdienstleister im Bereich Inkassodienstleistungen durch den Antragsgegner vom 12.08.2013 wieder herzustellen und die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs des Antragsgegners aufzuheben, hat keinen Erfolg.

In formaler Hinsicht genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung den Maßstäben des § 80 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –.

Der Antragsgegner hat unter Ziffer 3 der Verfügung einzelfallbezogen dargelegt, dass die Antragstellerin ohne diese Anordnung weiterhin den unzutreffenden Eindruck vermitteln werde, Rechtsschutz gegen die von ihr eingetriebenen Forderungen sei aussichtslos, wodurch die Adressaten zu möglicherweise unnötigen Zahlungen veranlasst werden könnten. Zum Schutz des Rechtsverkehrs vor derartigen Praktiken bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung.

Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angeordneten Maßnahmen und dem Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass ihre Klage gegen den Bescheid vom 12.08.2013 (1 K 5217/13) voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.

Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf der Registrierung der Antragstellerin im Rechtsdienstleistungsregister ist § 14 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen – Rechtsdienstleistungsgesetz – (RDG). Die auf dieser Grundlage ergangene Verfügung des Antragsgegners vom 12.08.2013 ist formell rechtmäßig.

Die Zuständigkeit des Antragsgegners für die Anordnung der Auflage folgt aus § 19 Abs. 1 RDG i.V.m. mit § 1 der Verordnung zur Bestimmung der Zuständigkeiten nach § 19 Abs. 2 RDG und zur Ermächtigung des Justizministeriums nach § 19 Abs. 2 Satz 2 RDG (GV NRW 2008, S. 462) Demgemäß sind die Aufgaben und Befugnisse, die der Landesjustizverwaltung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz zustehen, auf die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte für ihren Bezirk übertragen.

Für das Verwaltungsverfahren gelten die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze, sodass der Rechtsdienstleister mangels gesonderter Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen – VwVfG NRW – anzuhören ist. Diese Anhörung ist mit Schreiben vom 19.07.2013 erfolgt. Der Antragsgegner hat im Anschluss an einen umfangreichen vorherigen Schriftwechsel in diesem Schreiben die Absicht geäußert, die Registrierung nach § 14 RDG zu widerrufen und diese Entscheidung für sofort vollziehbar zu erklären. Die Gründe für diese Absicht wurden der Antragstellerin mitgeteilt; sie kündigen im Wesentlichen diejenigen Erwägungen an, die der angefochtenen Verfügung zugrunde liegen.

Die Auffassung der Antragstellerin, es liege ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG NRW) vor, greift nicht. Ihre Behauptung, der Antragsgegner habe den Sachverhalt nur zu ihren Lasten ermittelt und sie entlastende Aspekte außer Betracht gelassen, trifft ersichtlich nicht zu. Der seit dem 06.06.2013, dem Tag der mündlichen Verhandlung im Verfahren VG Köln 1 K 129/13 angefallene Verwaltungsvorgang besteht zum ganz überwiegenden Teil aus Einsendungen Dritter, die dem Antragsgegner meist mit der Bitte um Tätigwerden überlassen wurden. Unter Überlassung des angefallenen Schriftverkehrs wird von den Einsendern gebeten, gegenüber der Antragstellerin oder gegenüber der Firma H.   -X.                       GmbH (H.   ), I.     str. 00, 00000 E.          (AG Düsseldorf, HRB 00000), die ihrerseits das Internetportal „                                          “ betreibt, aufsichtsrechtlich vorzugehen. Denn die Antragstellerin betreibt das Inkasso für die H.   , deren Geschäftsgebaren ebenso wie das Geschäftsgebaren der Antragstellerin vielfachen Beschwerden ausgesetzt ist und deren Tätigkeit von der interessierten Öffentlichkeit verfolgt wird.

Nachdem die Antragstellerin am 03.11.2011 – damals unter der Firma „G.      E1.      J.       GmbH“, AG Köln, HRB 00000 – als Inkassodienstleister gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG registriert worden ist, sind auf diese Weise bei dem Antragsgegner über 2900 Blatt Verwaltungsvorgänge angefallen. Welche weiteren – die Antragstellerin entlastenden – Aufklärungsschritte sich darüber hinaus vernünftigerweise anbieten oder gar aufdrängen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargelegt.

Die Entscheidung ist auch hinreichend begründet worden. Entsprechend den Grundsätzen des § 39 VwVfG NRW sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt worden, die zu dem Widerruf geführt haben. Einer Auseinandersetzung mit allen rechtlichen Gesichtspunkten des Falls und mit allen vorgetragenen Rechtsansichten der Antragstellerin bedurfte es in diesem Zusammenhang bereits nach dem Gesetzeswortlaut nicht. Inhalt und Umfang der Begründungspflicht können allerdings wegen der Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets oder des Kenntnisstands des Betroffenen variieren, vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.1986 – 5 C 33.84 – , zit. nach juris, Rz. 31.

Vorliegend hat der Antragsgegner in dem ergangenen Bescheid bereits sehr ausführlich dargelegt, warum er die angefochtene Maßnahme ergriffen hat. Im Übrigen besteht kein Grund für eine darüber hinaus gehende erweiterte Begründung. Die angewandten Normen des Rechtsdienstleistungsgesetzes entsprechen in Struktur und Wortlaut den Normen, die aus dem Bereich der Gewerbeaufsicht und aus dem Wirtschaftsverwaltungsrecht bekannt sind. Sogar der entscheidungserhebliche Sachverhalt wurde detailliert wiedergegeben und bewertet, sodass die Antragstellerin keiner weiteren Darlegungen des Antragsgegners bedurfte, um gegen die angefochtene Maßnahme Rechtsmittel einlegen und ihre Interessen geltend machen zu können.

Der Widerruf ist auch materiell rechtmäßig. Nach 14 Nr. 3 RDG widerruft die zuständige Behörde die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister unbeschadet des § 49 VwVfG oder entsprechender landesrechtlicher Vorschriften, wenn begründete Tatsachen die Annahme dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen zum Nachteil des Rechtssuchenden oder des Rechtsverkehrs rechtfertigen;

dies ist nach den gesetzlichen Formulierungen in der Regel der Fall, wenn die registrierte Person in erheblichem Umfang Rechtsdienstleistungen über die eingetragene Befugnis hinaus erbringt oder beharrlich gegen Auflagen verstößt. Der Antragsgegner ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin dauerhaft unqualifizierte Rechtsdienstleistung erbringt, indem sie beharrlich gegen die Auflage vom 13.12.2012 verstößt. Mit Bescheid vom 13.12.2012 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin, Forderungen der H.   , denen ein in der Anlage des Bescheides befindliches Formular „Gewerbeauskunft-Zentrale — Erfassung gewerblicher Einträge —“ der H.   zugrunde liegt (vgl. Sonderband Blatt 836), mittels Inkassoschreiben geltend zu machen, die folgenden Textabschnitt im Ganzen oder in Teilen enthalten:

„Die Abt. 40 des Amtsgerichts Düsseldorf hat eindeutig mit Urteil vom 13.10.2011 (Az.: 40 C 8543/11) zu Gunsten der H.   GmbH entschieden, insbesondere hat das Gericht festgestellt, dass in dem Vertragsangebot mehrfach ausdrücklich sowohl auf den Angebotscharakter als auch auf die Kosten hingewiesen wird. Sowohl die Abt. 40 des Amtsgerichts Düsseldorf als auch weitere Gerichte, z.B. das Amtsgericht Bergisch Gladbach in dem beiliegenden Urteil vom 28.07.2011 und das Amtsgericht Köln, haben den Beklagten nicht nur zur Zahlung der Forderung unseres Kunden nebst Zinsen verurteilt, sondern er muss auch die vollen Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Bei den oben genannten Urteilen handelt es sich um Einzelfallentscheidungen. 

Ganz aktuell hat das Landgericht Gießen mit Urteil vom 05.07.2012, Az.: 5 O 305/12 bestätigt, dass der Kunde mit Abgabe der von ihm oder einem Vertreter unterschriebenen Erklärung bei der H.   GmbH den Vertrag verbindlich bestellt hat, insbesondere hat das Gericht alle geltend gemachten Einwendungen für nichtig erklärt. Wir möchten nochmals ausdrücklich auf das ganz aktuelle Urteil des Landgerichts Gießen vom 05.07.2012, Az.: 5 O 305/12 verweisen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde mit Abgabe der von ihm oder einem Vertreter unterschriebenen Erklärung bei der H.   GmbH den Vertrag verbindlich bestellt hat, insbesondere hat das Gericht alle geltend gemachten Einwendungen für nichtig erklärt. Auch weitere Gerichte, so z.B. das Amtsgericht Köln (Az.: 114 C 128/11) mit Urteil vom 06.06.11 und das Amtsgericht Bergisch-Gladbach (Az.: 60 C 182/11) mit Urteil vom 28.07.2011 haben zu Gunsten unseres Kunden entschieden. Diese Gerichte haben in ihren inzwischen rechtskräftigen Urteilen festgestellt, dass es sich um einen rechtswirksamen Dienstleistungsvertrag handelt. Diese Urteile stellen unmissverständlich klar, dass der Vertrag weder wegen Irrtums gem. § 119 BGB noch wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB, angefochten werden kann. Auch eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB oder das Vorliegen einer überraschenden Klausel gem. § 305c BGB haben diese Gerichte verneint. Damit sind alle gesetzlichen Anfechtungsgründe nach § 142 BGB nicht gegeben. Bei den oben genannten Urteilen handelt es sich um Einzelfallentscheidungen. 

Den Klagen unseres Kunden wurde in vollem Umfang stattgegeben, so dass die Beklagten nicht nur die Forderung unseres Kunden nebst Zinsen, sondern auch die vollen Kosten beider Rechtsanwälte und die Gerichtskosten zu tragen haben. Sie sollten bedenken, dass die Kosten eines Gerichtsverfahrens einschließlich eines möglicherweise zu führenden Berufungsverfahrens die Hauptforderung bei weitem übersteigen können.“ 

Zur Begründung führte der Antragsgegner unter anderem aus, diese Auflage sei zum Schutz des Rechtsverkehrs erforderlich. Die Inkassoschreiben der Antragstellerin zitierten die zugunsten der H.   ergangenen Urteile der Amtsgerichte Düsseldorf, Bergisch Gladbach und Köln sowie des Landgerichts Gießen. Da im Zusammenhang mit diesen Urteilen Wendungen wie „eindeutig“, „ganz aktuell“, „diese Urteile stellen unmissverständlich klar“, „damit sind alle gesetzlichen Anfechtungsgründe nicht gegeben“, „Klagen unseres Kunden wurde in vollem Umfang stattgegeben“, verwendet würden, erweckten sie bei dem Adressaten der Aufforderungsschreiben den beabsichtigten Eindruck, eine Verteidigung gegen die geltend gemachte Forderung der H.   habe keine oder nur geringe Aussicht auf Erfolg.

Dies vermöge auch der Hinweis darauf, dass es sich bei den Urteilen um Einzelfallentscheidungen handele, nicht zu ändern. Der durchschnittliche Gewerbetreibende ziehe hieraus nicht den Schluss, dass andere, gegebenenfalls gegenteilige Entscheidungen ergangen seien. Die Antragstellerin sei nicht berechtigt, für Ihre Rechtsansicht Entscheidungen zu zitieren, die in Widerspruch zu neuerer, höchstrichterlicher Rechtsprechung stünden.

Der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 26.07.2012 (Az. VII ZR 262/11) im Fall eines anderen Internetbranchenverzeichnisses entschieden, dass eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so in dessen Gesamtbild eingefügt sei, dass sie dort von einem durchschnittlich aufmerksamen Gewerbetreibenden nicht vermutet werde, wegen § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werde. Dem Anbieter des Branchenverzeichnisses stehe daher kein Anspruch auf Zahlung des Entgelts für die Veröffentlichung des Eintrags zu.

Die so formulierte und begründete Auflage ist am 06.06.2013 bestandskräftig und damit für die Antragstellerin verbindlich geworden, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens 1 K 129/13 die Klage gegen diese Entscheidung zurückgenommen hat. Der Antragsgegner hat dem Widerruf zutreffend zugrunde gelegt, dass die Antragstellerin auch nach dem 06.06.2013 beharrlich gegen die Bestimmungen der Auflage verstoßen hat. Der Antragsgegner hat insoweit die Inkassoschreiben der Antragstellerin vom 11.06.2013, 15.06.2013, 27.06.2013 und vom 18.07.2013 benannt und festgestellt, dass dort die Urteile des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13.10.2011 (Az.: 40 C 8543/11), des Amtsgerichts Köln vom 06.06.2011 (Az.: 114 C 128/11), des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 28.07.2011 (Az.: 60 C 182/11) und des Landgerichts Gießen vom 05.07.2012 (Az.: 5 0 305/12) nicht mehr ausdrücklich zitiert werden.

Die Antragstellerin habe jedoch in den vorbenannten Schreiben auf vorherige Schreiben, die die unzulässigen Textabschnitte enthielten, Bezug genommen und darauf verwiesen, den Adressat in diesen Schreiben bereits umfassend über die rechtliche Situation aufgeklärt zu haben. Dadurch werde dem Adressaten unverändert der Eindruck vermittelt, eine Verteidigung gegen die geltend gemachte Forderung der H.   habe keine oder nur geringe Aussicht auf Erfolg (Seite 25 der ergangenen Verfügung). Diese Ausführungen des Antragsgegners entsprechen ohne Zweifel dem Inhalt der zitierten Schreiben, die ihm von Dritten übersandt worden sind. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen des Antragsgegners sind bei verständiger Würdigung des Erklärungsinhalts der Schreiben (§§ 133, 157 BGB) nachzuvollziehen und offenbar zutreffend. Die Antragstellerin hat die Auflage insoweit beachtet, als sie die ihr verbotenen Aussagen nicht nochmals wiederholt hat. Dafür hat sie die gegenüber den Adressaten früher gemachten – nunmehr untersagten – Angaben in Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht, dass gerichtlicher Rechtsschutz gegenüber den Forderungen der H.   voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Dies ist angesichts des Inhalts der Auflage und des oben wiedergegebenen Anlasses für diese Auflage als ein beharrlicher Verstoß zu bewerten, weil die Antragstellerin an dem Grundmuster ihres Verhaltens festhält, welches durch die Auflage verhindert werden sollte.

Im Ergebnis Gleiches gilt für die Schreiben, die die Antragstellerin unter dem 27.06.2013 versandt hat (u.a. Bl. 2495, 2509 und 2569 der Beiakte). Dort wird unter Bezugnahme auf eine bereits geleistete Zahlung der Adressaten und eine frühere „umfassende“ rechtliche Information für den Fall der Zahlungsverweigerung ein gerichtliches Verfahren angekündigt.

Die gemeinten rechtlichen Informationen sind Texte, die die untersagten Angaben allem Anschein nach ebenfalls enthalten. Gegen den entsprechenden Vorwurf des Antragsgegners im Verwaltungsverfahren hat die Antragstellerin im Wesentlichen nur vortragen lassen, die betreffenden Adressaten seien nicht schutzbedürftig und hätten in der Vergangenheit einen Vergleich abgeschlossen. Unbeschadet dessen ist diesen Schreiben ein Verhalten zu entnehmen, welches den Schluss rechtfertigt, dass der Rechtsdienstleister seine Leistungen nicht ordnungsgemäß erbringt. Denn der Antragsgegner konnte zutreffend zusätzlich darauf abstellen, dass die Antragstellerin zumindest in sonstiger Weise, also auf andere Art als durch Erfüllung der in § 14 Nr. 3 Halbsatz 2 RDG genannten Regelbeispiele, dauerhaft unqualifizierte Rechtsdienstleistungen erbracht habe. Die in der Norm genannten Regelbeispiele sind ihrer rechtlichen Natur nach nicht abschließend. Es reichen auch den Regelbeispielen vergleichbare andere erhebliche Verstöße aus, die den Schluss rechtfertigen, dass der Rechtsdienstleister seine Leistungen nicht ordnungsgemäß erbringt.

Ferner muss sich aus diesen Verstößen eine Gefahr für die Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr ergeben. Vgl. VG Berlin, Urteil vom 25.08.2011 – VG 1 K 5.10 – , zit. nach Juris, Rz. 30. Als Beispiel für eine unqualifizierte Rechtsdienstleistung nennt der Gesetzgeber in der amtlichen Begründung Rechtsdienstleistungen von Inkassounternehmen, die sich beim Forderungseinzug unseriöser oder sogar rechtswidriger Geschäftspraktiken bedienen, vgl. BT-Drucks, 16/3655, S. 72 zum Widerruf und S. 45 zum Schutzzweck des Gesetzes, s.o.

Der Antragsgegner durfte annehmen, dass die Antragstellerin ein unseriöses Geschäftsmodell in diesem Sinne betreibt. Sie hat bei ihrem Forderungseinzug zunächst durch den Verweis auf eine scheinbar eindeutig zu Gunsten der H.   sprechende Rechtslage bei den Adressaten die Fehlvorstellung hervorzurufen versucht, eine Verteidigung gegen die geltend gemachte Forderung habe keine oder nur geringe Aussicht auf Erfolg. Ferner war der Verweis auf Entscheidungen des Amtsgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2011 als unseriöse Geschäftspraxis anzusehen, nachdem die zuständige Abteilungsrichterin seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.07.2012, vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11 -, zit. nach juris,Leitsatz und Rz. 9f, 12, wiederholt zu Protokoll erklärt hat, dass sie dessen Rechtsprechung für anwendbar halte, sodass nach § 305c BGB keine Zahlungspflicht bestehe.

Da nach den AGB der H.   der vereinbarte Gerichtsstand Düsseldorf sein soll und der Antragstellerin die Änderung der Rechtsprechung bekannt war, konnte sie nicht mehr auf die frühere – überholte – Rechtsprechung dieses Gerichts verweisen. Eine andere Zivilabteilung des gleichen Gerichts entscheidet in gleicher Weise und weist die Klagen der H.   ab (47 C 12105/12, Urteil vom 17.12.2012, zit. nach juris). Nachdem dieses Verhalten gegen die Auflage vom 13.12.2012 verstößt, versucht die Antragstellerin auch ohne die untersagten Zitate ihre Rechtsansicht mit dieser Rechtsprechung zu begründen, indem sie auf ihre vorherigen Schreiben Bezug nimmt, die einen Verweis auf diese Urteile enthalten.Dies ist der Antragstellerin in besonderer Weise vorzuwerfen, weil sie dieses Geschäftsmodell gerade auch mit Blick auf das bisherige Verwaltungsverfahren und die ihr erteilte Auflage fortgesetzt hat.

Der Antragsgegner ist bereits in der ursprünglichen Verfügung vom 13.12.2012 zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin eine unqualifizierte Rechtsdienstleistung erbringt.

Die Antragstellerin versandte an vermeintliche Schuldner der H.   zwei Formschreiben, die den Betroffenen „nochmals die Gelegenheit“ und die „letztmalige“ Gelegenheit zur Zahlung des geforderten Entgelts zuzüglich Nebenforderungen auffordern. Zur Bekräftigung verwies die Antragstellerin in Textpassagen, die in dem Tenor der angefochtenen Verfügung wörtlich wiedergegeben sind, auf amtsgerichtliche Urteile und zuletzt auch auf ein landgerichtliches Urteil. In diesen Entscheidungen wurden Zahlungsansprüche der H.   im Ergebnis bestätigt; beigefügt waren jeweils ein Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2011 und ein Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach aus dem gleichen Jahr.

Trotz des Hinweises, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handele, erweckte die Darstellung insgesamt den Eindruck, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung um die Forderung der H.   wenig oder sogar keine Aussicht auf Erfolg bietet. Dies entspricht der Absicht der Antragstellerin, die für sich in Anspruch nimmt, die Forderungen im Interesse ihrer Auftraggeber mit Nachdruck geltend zu machen.

Die früher auch aus Sicht des Antragsgegners noch zulässige verwandte Form der Schreiben wurde jedoch spätestens zu einer unqualifizierten Rechtsdienstleistung, nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass eine Entgeltklausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wird, die nach der drucktechnischen Gestaltung eines vielfach verwandten Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird. Vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2012 a.a.O.

Dass die Antragstellerin ihre Geschäftspraxis trotz der Auflage nicht aufgeben wollte, ergab sich auch aus ihrem Internetauftritt. Die vorgenannten amtsgerichtlichen Urteile wurden an auffälliger Stelle und als „Aktuelle Urteile / Urteile der H.   X.                       GmbH“ zum Download angeboten. Dieser Bereich war mit Schlagworten wie „Angebotscharakter und Kosten klar ersichtlich“, „Rechtsgültiger Vertrag: Kunde muss zahlen“ und „Alle Anfechtungsgründe nichtig“ versehen und wurde optisch hervorgehoben.

Der in den Verwaltungsvorgängen dokumentierte und dem Gericht aus dem vorangehenden Verfahren bekannte Internetauftritt wurde erst bereinigt, nachdem der Antragsgegner ihn mit Schreiben vom 08.07.2013 beanstandet hatte. Es kann offen bleiben, ob die weitere Annahme des Antragsgegners zutrifft, die Auflage vom 13.12.2012 werde umgangen, indem die H.   die untersagten Textpassagen gegenüber den Adressaten verwendet und die Forderungen dann der Antragsteller überlässt. Denn die feststehenden Verstöße rechtfertigen bereits den Widerruf. Hinzu kommt, dass dem Antragsgegner nur ein Teil der tatsächlichen Verstöße bekannt geworden sein wird, weil das Inkassogeschäft für die H.   gegenüber einem größeren Kreis von Adressaten betrieben worden sein dürfte. Dabei ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Antragstellerin die gleichen Formschreiben benutzt hat, die Gegenstand des Widerrufs geworden sind.

Ermessensfehler (§ 40 VwVfG NRW; § 114 Satz 1 VwGO) sind nicht ersichtlich. Die Kammer teilt die Bewertung des Antragsgegners, dass der Erlass einer weiteren Auflage anstelle des Widerrufs nicht in Betracht kam. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Forderungen der H.   für die Antragstellerin der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Betätigung ist. Dafür spricht unter anderem, dass sie ihre Verbundenheit mit der H.   auf der aktuellen Internetseite weiterhin in den Vordergrund stellt und sie intensiv zu Gunsten der H.   und deren Verhalten im Rechtsverkehr argumentiert. Vor diesem Hintergrund musste sich der Antragsgegner nicht auf die Alternative verweisen lassen, der Antragstellerin (nur) die Tätigkeit für die H.   zu untersagen. Eine solche Maßnahme wäre daher voraussichtlich ein ebenso intensiver Eingriff in die Berufsfreiheit wie der Widerruf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Rechtsprechung des OVG NRW zum Recht der Gewerbeuntersagung (Widerruf einer Gewerbeerlaubnis, Beschluss vom 01.10.2004 – 4 B 1637/04 -). Dieser Betrag ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.