LG Düsseldorf – Zum Merkmal der „auffallenden“ Angabe von Pflichtangaben i. S. v. § 6a PAngV bei Werbung gegenüber Verbrauchern (Urteil vom 28.03.2018)

Leitsätze

„Auffallend“ i. S. d. § 6a Abs. 2 S. 1 PAngV ist eine Information, wenn sie in besonderer Weise gegenüber anderen Informationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmbar hervorgehoben wird

Wird bei einer Kreditwerbung im Internet die Werbeanzeige über mehrere Seiten hinweg gestaltet, sind alle Pflichtangaben bereits auf der Einzelseite anzuführen, die erstmals Preise oder Preisbestandteile nennt; ausgeschlossen sind insofern auch Fußnoten oder Sternchenhinweise

LG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2018, 12 O 222/17

In dem Rechtsstreit

des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände
-Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch den Vorstand […],

Klägers,

– Prozessbevollmächtigte: […] –

gegen

die Santander Consumer Bank AG, vertreten durch den Vortand, […],

Beklagte,

– Prozessbevollmächtigte: […] –

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandrung vom 14.03.2018 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht […], den Richter am Landgericht […] und die Richterin […] für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unter[assen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss eines Kreditvertrages mit einem Zinssatz „ab 2,69%“ zu werben bzw. werben zu lassen und Angaben über den Nettokreditbetrag, den Sollzins, den Effektivzins, die Laufzeit und das repräsentative Beispiel lediglich in einer Fußnote aufzuführen, wenn dies geschieht wie in Anl. K1 abgebildet.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Der Kläger zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben der Schutz und die Wahrnehmung von Verbraucherinteressen gehören, richtet sich gegen eine Werbung auf der Internetseite der Beklagten, einem Kreditinstitut.

Die Beklagte warb auf der Internetseite www.santander.de für einen „Bestcredit mit der Angabe „schon ab 2,69 %“, wobei sich hinter dem Prozentzeichen die Fußnote„1″ befand, der Fußnotentext wiederum wurde am unteren Ende der darauffolgenden Seite in einer deutlich kleineren Schriftgröße dargestellt und beinhaltete Angaben über den Nettokreditbetrag, den Sollzins, den Effektivzins und die Laufzeit sowie ein repräsentatives Beispiel. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Mit Schreiben vom 23.02.2017 (Anl. K 2) mahnte der Kläger die Beklagte im Hinblick auf diese Werbung ab und forderte sie zur Abgabe einer slrafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte lehnte die Abgabe der Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 16.03.2017 ab (Anl. K3); auch eine erneute Aufforderung des Klägers vom 20.03.2017 (Anl. K4) blieb erfolglos. Die Werbung ist zwischenzeitlich nicht mehr über die Internetseite abrufbar.

Der Kläger ist der Ansicht, die streitgegenständliche Darstellung der Kreditwerbung entspreche nicht den Formanforderungen des § 6 Abs. 2 PAngV, da die notwendigen Angaben nicht in auffallender Art und Weise dargestellt seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss eines Kreditvertrages mit einem Zinssatz „ab 2,69 %“ zu werben bzw. werben zu lassen und Angaben über den Nettokreditbetrag, den Sollzins. den Effektivzins, die Laufzeit und das repräsentative Beispiel lediglich in einer Fußnote aufzuführen, wenn dies geschieht wie in Anl. K1 abgebildet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, der Antrag sei unbestimmt. Zudem bestreitet sie mit Nichtwissen die Aktivlegitimation der Beklagten. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, die Anforderungen an die Form der Darstellung der erforderlichen Informationen seien durch die Ausführungen im Fußnotentext gewahrt, da gerade keine Hervorhebung der Angaben erforderlich sei.

„Auffallend“ sei dabei nicht im Sinne von „hervorgehoben“ zu verstehen, was auch daran zu erkennen sei, dass in § 6a Abs. 5 PAngV ausdrücklich von hervorgehoben gesprochen werde und in § 6a Abs. 2 S. 2 PAngV geregelt sei, dass der effektive Jahreszins auch höher hervorgehoben werden könne.

Letztendlich belege auch der Vergleich mit „bedeutenderen bzw. vergleichbaren Angaben“, dass Ausführungen in dem Fußnotentext ausreichen würden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 14.03.2018 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Gericht ist gem. § 6 UklaG i. V. m. § 1 Nr. 1 Konzentrations-VO UKlaG NRW örtlich zuständig.

Der Klageantrag ist darüber hinaus auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 8 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG hinreichend bestimmt, da der Kläger die konkret beanstandete Werbung der Beklagten in den Antrag mit aufgenommen hat.

II. Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 2 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 4 UKlaG i. V. m. § 6a Abs. 2 bis 4 PAngV.

1. Der Kläger ist nach §§ 4, 3 Aps. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugt, da es sich um eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG handelt. Die Beklagte ist in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetrgen (Anl. K 6). Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist insofern unbeachtlich.

2. Die Werbung verstößt gegen die in § 6a Abs. 2, 3 und 3 PAngV geregelten Vorschriften, da die unstreitig notwendigen Angaben, nämlich der Nettokreditbetrag, der Sollzins, der Effektivzins, die Laufzeit und das repräsentative Beispiel nicht gemäß § 6a Abs. 2 S. 1 PAngV in „klarer, eindeutiger und auffallender Weise“ dargestellt wurden.

Die Darstellung der Angabe erfolgte in einem Fußnotentext auf der darauffolgenden Seite, was nicht der gesetzlich normierten Anforderung der „auffallenden“ Darstellung entspricht. Wird bei einer Kreditwerbung im Internet die Werbeanzeige über mehrere Seiten hinweg gestaltet, sind alle Pflichtangaben bereits auf der Einzelseite anzuführen, die erstmals Preise oder Preisbestandteile nennt; ausgeschlossen sind insofern auch Fußnoten oder Sternchenhinweise (Domke/Sperlich BB 2010, 2069, 2070; Torka WRP 2011, 1247, 1251; Ohly/Sosnitza/Sosnitza PAngV § 6a Rn. 3-5, 7.Aufl.; Harte/Henning/Weldert § 6a PAngV Rdn 18, 4. Aufl., zitiert nach beck-online).

Auffallend i.S.d. § 6a Abs. 2 S. 1 PAngV ist eine Information, wenn sie in besonderer Weise gegenüber anderen Informationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmbar hervorgehoben wird (BT-Drucks 16/11643, S. 143; Köhler/Bornkarrim/Feddersen PAngV, 36. Aufl. 2018, § 6a Rn. 6-14). Dass unter der gesetzlich normierten „auffallenden“ Darstellung eine Hervorhebung zu verstehen ist, zeigen insbesondere die folgenden Erwägungen:

§ 6a PAngV dient der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinien. In der Richtlinie 2008/48/EG wird unter Nummer 18 der Erwägungsgründe ausgeführt, dass die notwendigen Informationen bei Verbraucherkreditverträgen „in klarer, prägnant gefasster Fonn an optisch hervorgehobener Stelle ( … )“ darzustellen sind.

Darüber hinaus steht in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/11 643, Seite 143), dass die Informationen „auffallend, also in besonderer Weise gegenüber anderen lnformationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmungsfähig hervorgehoben“ darzustellen sind. Unabhängig davon ist bereits dem Wortlaut zu entnehmen, dass eine hervorgehobene Darstellung erforderlich ist. da eine durchschnittliche Darstellung gerade nicht „auffallend“ ist.

Gemessen an vorstehenden Maßstäben ist die Form nicht gewahrt, da eine auffällige Darstellung in Form der Hervorhebung nicht vorliegt. Die notwendigen Angaben sind im Fußnotentext angeführt, welcher in einer wesentlich kleineren Schriftgröße als die Angabe „2,69%“ selbst dargestellt wird. Darüber hinaus befindet sich dieser Text nicht in der Näher der Fußnote, sondern auf der darauffolgenden Seite.

Das Vorbringen der Beklagten rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Aus der Systematik des § 6a PAngV ergibt sich, entgegen der Auffassung der Beklagten, kein anderes Verständnis. Der Umstand. dass in § 6a Abs. 2 S. 2 PAngV geregelt„ wird, dass der effektive Jahreszins auch höher hervorgehoben werden kann, führt nicht dazu, dass eine Hervorhebung der übrigen Angaben nicht erforderlich ist. Insofern gibt es verschiedene Steigerungen des Hervorhebens.

Auch begründet der Wortlaut des § 6a Abs. 2 PAngV keine andere Beurteilung. Es ist bereits nicht nachvollziehbar inwieweit sich aus dem Wortlaut „klare, eindeutige und auffallende Weise“ ergeben soll, dass die notwendigen Informationen nur „nicht untergehen“ sollen. Worin sich dieses Wortverständnis begründen soll, führt die Beklagte nicht näher aus.

Auch kann aus dem Umstand, dass dem Wortlaut des § 6a Abs. 2 PAngV kein Fußnotenverbot zu entnehmen ist, nicht der Rückschluss gezogen werden, dass Ausführungen im Fußnotentext ausreichend sind, und zwar unabhängig von der Platzierung und Gestaltung der Fußnote.

Letztendlich belegen auch die von der Beklagten herangezogenen Vergleiche mit vermeintlich „bedeutenderen bzw. vergleichbaren Angaben“ keine andere Beurteilung. Insofern mag in einem anderen Zusammenhang die Darstellung erforderlicher Informationen in Fußnoten ausreichend sein, dies ist jedoch für den konkret vorliegenden Fall, unter Berücksichtigung der Schriftgröße und der Platzierung dieses Textes, nicht maßgeblich.

Selbst unterstellt, unter der gesetzlich normierten „auffallenden“ Art sei, dem Verständnis der Beklagten folgend, zu verstehen, dass die Informationen nur nicht untergehen sollen, so läge ein Verstoß vor. Durch die gewählte Art der Darstellungen der notwendigen Informationen als Fußnotentext in einer deutlich kleineren Schriftgröße, auf einer anderen Seite als die Werbung selbst, sind die Informationen bei Betrachtung der Werbung für einen durchschnittlichen Verbraucher gerade nicht direkt ersichtlich.

3. Die Wiederholungsgefahr wird wegen des Erstverstoßes widerleglich vermutet und ist mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 ZPO.

IV. Streitwert: 15.000,00 EUR