Bürger-Info-Folder der INT Media: Arkadia Verlag GmbH verzichtet auf 8.500,- € aus Anzeigenvertrag (Fax-Masche)

In Geilnau zeigt man sich großzügig. Die Arkadia Verlag GmbH verzichtet auf knapp 8.500,- € für einen Anzeigenvertrag. Diesen hatte sie zuvor von der INT Media mit Sitz in der Türkei übernommen. Dabei hatte die INT Media hart für diesen Vertrag über die Werbeanzeige im „Bürger-Info-Folder“ gekämpft.

Was war geschehen?

Immer wieder ließ die INT Media meine Mandantin zur Hauptgeschäftszeit in ihrer Apotheke in Schleswig-Holstein anrufen. Eile sei geboten. Es gehe um eine bereits veröffentlichte Werbeanzeige, deren Layout vor der nächsten Veröffentlichung erneut freigegeben werden müsse. Die Anzeige sei bereits bezahlt, so die Anruferin. Rhetorisches Geschick und Beharrlichkeit führten schließlich dazu, dass meine Mandantin den Köder schluckte und das per Fax übersandte Formular unterzeichnet an die INT Media zurücksandte. Diese trat die Forderung an die Arkadia Verlag GmbH ab und die Mandantin war – vermeintliche – Schuldnerin eines Betrages in Höhe von fast 8.500,- Euro.

Wie funktioniert die „Kölner-Masche“?

Eine der Erfolgszutaten der „Kölner-Masche“ (auch „Fax-Masche“) ist die durch den Anrufer hervorgerufene Eilbedürftigkeit. So werden Kleingewerbetreibende häufig zur „rush hour“, also zu einer Zeit angerufen, in der es besonders viel zu tun gibt. Eine Unterschrift werde zur Bestätigung des Druck-Layouts der bestehenden Anzeige dringend benötigt, da diese sonst nicht wie geplant in Druck gehen könne.

Im Falle der Mandantin ließ die INT Media mit Sitz in 632 Sok No 6/A, Bursa TR (Türkei) gleich mehrfach bei der Mandantin anrufen, um auf die dringend erforderliche Unterzeichnung und Rücksendung des per Fax übersandten Formulars zu drängen. Ihre schließlich im Glauben an das im Telefongespräch aufgetischte Märchen geleistete Unterschrift sollte die Mandantin schließlich knapp 8.500,- € kosten. Soviel machte die Arkadia Verlag GmbH anschließend aus abgetretenem Recht aus dem vermeintlich mit der INT Media geschlossenen Vertrag über eine Werbeanzeige im sogenannten „Bürger-Info-Folder“ geltend.

„Kölner-Masche“ (Fax-Masche) baut auf Unaufmerksamkeit der Opfer

Die als „Fax-Masche“ bekannte Methode zur Überrumpelung von Kleingewerbetreibenden findet mittlerweile überwiegend als „E-Mail-Masche“ Anwendung. Das Schema der „Kölner Masche“ ist dabei stets das Gleiche. Zum Zwecke der Neukundenakquise verschaffen Werber sich bestehende, frei zugängliche örtliche Adressbücher, Plakate und meist von Gemeinde-, Kreis- und Stadtverwaltungen herausgegebene bzw. autorisierte Broschüren und Tafeln, in denen überwiegend kleinere Gewerbetreibende und Freiberufler Werbeanzeigen mit einem Unternehmenslogo geschaltet haben.

Anschließend nehmen sie telefonisch Kontakt mit den Opfern auf und suggerieren diesen unter Ausnutzung der aus den alten Werbematerialien gewonnenen Informationen bewusst wahrheitswidrig zum Beispiel, dass sie Mitarbeiter des Verlages seien, der das dem Gewerbetreibenden bekannte Werbeobjekt herausgebracht habe. Ziel des Telefonats ist es, den Gesprächspartner unter Erzeugung von Zeitdruck zur Unterschrift des während oder im unmittelbaren Anschluss an das Gespräch per Fax oder E-Mail übersandten Vordrucks aufzufordern und dabei über die Bedeutung der Unterschrift zu täuschen.

Beliebte „Legenden“ sind die Folgenden:

mit der Rücksendung des unterschriebenen Vordrucks solle lediglich die Richtigkeil der Anschrift bestätigt werden
im Rahmen eines bestehenden Werbevertrages solle lediglich eine Druckvorlage freigegeben werden
die Anzeige werde im Rahmen einer Neuauflage im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses noch einmal, aber kostenlos verwendet werden
es solle lediglich die Laufzeit eines bestehenden Werbevertrages bestätigt werden
die Unterschriftsleistung solle wegen einer „automatischen Kündigung“ welche die Schriftform erfordere, erfolgen
der Auftrag sei bereits mündlich erteilt worden, Kosten seien schon entstanden, da der Auftrag schon im Druck sei
die Anzeige sei schon bezahlt, es gehe nur um die Neugestaltung des Drucks
es sei eine Neuauflage des konkreten Werbemediums betroffen, in dem der Ansprechpartner bereits inseriert habe.

Allen Legenden ist gemeinsam, dass die Rücksendung des zu unterzeichnenden Dokumentes umgehend per Fax oder E-Mail zu erfolgen hat. Durch den während des Telefonat aufgebauten Zeitdruck sollen die Opfer gezielt davon abgehalten werden, das ihnen zugesandte Schriftstück zu überprüfen. Dass die Unterschrift unter das Formular tatsächlich die Annahmeerklärung zum Abschluss eines neuen Anzeigenvertrags darstellt, der regelmäßig zwei Jahre läuft und pro Jahr mehrere kostenpflichtige Anzeigen beinhaltet, ist nur bei sorgfältiger Lektüre des Dokuments erkennbar. Durch die bewusste Hervorhebung der ursprünglichen Werbeanzeige des Angerufenen stellt diese den Blickfang dar. Der Angerufene sieht seine (bereits veröffentlichte) Werbeanzeige und denkt, alles sein in Ordnung.

Bürger-Info-Folder der INT Media: Arkadia Verlag GmbH verzichtet auf 8.500,- € aus Anzeigenvertrag (Fax-Masche)
Formular Anzeigenvertrag der INT Media (Beispiel; Hervorhebungen und Schwärzungen durch den Author)

Wie setzt sich der Preis für die Werbeanzeige im „Bürger-Info-Folder“ zusammen?

Nach Rücksendung des unterzeichneten Formulars werden durch die Arkadia Verlag GmbH regelmäßig die im Folgenden dargestellten Forderungen geltend gemacht:

2 Anzeigenfelder 399,00 x 2 798,00 €
Farbpauschale 169,00 169,00 €
Satzpauschale 189,00 189,00 €
Versandpauschale 29,00 29,00 €
———————————————-
Preis pro Anzeige 1.185,00 €
19% USt. 225,15 €
Gesamt pro Anzeige 1.410,15 €
———————————————-
Gesamt 6 Auflagen 8.460,90 €

Was bekommt man für fast 8.500,- €?

Dafür könnte man sich ein paar Flaschen leckeren Bordeaux kaufen. (zum Beispiel 2 Flaschen 2000er Chateau Le Pin (Pomerol) oder 6 Flaschen 1990er Chateau Margaux) ;-)

Forderungsverzicht nach anwaltlicher Korrespondenz

Die Wirksamkeit der auf diesem Wege mit der INT Media zustande gekommenen Werbeverträge über eine Werbeanzeige im „Bürger-Info-Folder“ unterliegt zahlreichen rechtlichen Bedenken.

Betroffene sollten die Forderungen der Arkadia Verlag GmbH bzw. INT Media unter keinen Umständen begleichen ohne zuvor anwaltlichen Rat eingeholt zu haben!

Ich warte schon lange darauf, dass man sich auf Seiten der INT Media bzw. Arkadia Verlag GmbH den Luxus leistet, gegenüber meinen Mandanten auf den Forderungen zu beharren. Ein landgerichtliches Urteil dürfte dieser Masche erheblichen Schaden zufügen. Doch soweit ließ man es bislang nicht kommen und die Arkadia Verlag GmbH verzichtete auch in diesem Fall auf die gesamte Forderung in Höhe von knapp 8.500,- €.

Die Arkadia Verlag GmbH betont allerdings, dass der Vertrag rechtswirksam sei und eine Abstandnahme von der Forderung ausschließlich aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Schließlich hebt die Arkadia Verlag GmbH hervor, dass ihr „nur an zufriedenen Kunden gelegen ist“.