AG Chemnitz weist Klage der B2B Technologies Chemnitz GmbH als unzulässig ab – Klage der B2B ohne Klageantrag

Örtliche Unzuständigkeit des AG Chemnitz und eine Klage der B2B ohne Klageantrag: Hier gibts was auf die Ohren!

AG Chemnitz, Urteil vom 14.04.2014 – 21 C 375/14

Die B2B Technologies Chemnitz GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer David Jähn, hatte unseren Mandanten vor dem Amtsgericht Chemnitz auf Zahlung in Höhe von 240,00 Euro für die Nutzung von onlybusiness48.de verklagt (allerdings ohne einen Klageantrag zu stellen; mehr dazu im Folgenden).

Hintergrund der Leistungsklage der B2B Technologies GmbH ist eine durch uns erhobene negative Feststellungsklage vor dem Amtsgericht Mönchengladbach, in der wir beantragt hatten, festzustellen, dass zwischen der B2B und unserem Mandanten kein wirksamer Vertrag über die Nutzung des Online-Angebotes „onlybusiness48.de“ besteht, aus dem die B2B die Zahlung von Nutzungsgebühren in Höhe von 240,00 Euro pro Jahr von unserem Mandanten verlangen kann.

Das Amtsgericht Mönchengladbach schien der B2B kein günstiger Ort für diesen Rechtsstreit zu sein, so dass eine Leistungsklage vor dem AG Chemnitz erhoben wurde.

Zum Verständnis

(der „Sprach-Spagat“, den wir im Folgenden  durchführen, dient dem Zweck, auch unseren Nichtjuristen-Lesern nahe zu bringen, worum es hier ging):

Eine Leistungsklage (B2B – AG Chemnitz) genießt gegenüber einer negativen Feststellungsklage (Kanzlei Rader – AG Mönchengladbach) grundsätzlich Vorrang. Hierdurch sollen widerstreitende Entscheidungen der Gerichte wie auch mehrere parallele Verfahren über denselben Streitgegenstand vermieden werden. Eine Leistungsklage lässt, soweit sich die Streitgegenstände decken, das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) der Feststellungsklage grundsätzlich entfallen. Hiervon gibt es Ausnahmen, deren Erörterung an dieser Stelle jedoch den Rahmen sprengen würde.

Im Ergebnis hätte die Leistungsklage der B2B beim AG Chemnitz grundsätzlich dazu geführt, dass wir unsere negative Feststellungsklage beim AG Mönchengladbach für erledigt erklären hätten müssen und der Rechtsstreit beim AG Chemnitz ausgetragen worden wäre. 

Die Erhebung der Leistungsklage beim AG Chemnitz kann somit als taktischer Zug bezeichnet werden, um den Rechtsstreit vor ein Gericht zu bringen, bei dem man sich Chancen auf ein Obsiegen einräumt. Immerhin hatte das AG Chemnitz mit Urteil vom 20.12.2013 – 21 C 2353/13 – die negative Feststellungsklage eines B2B-Kunden abgewiesen und dies damit begründet, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Vertrag besteht, während das AG Mönchengladbach in seinem Urteil vom 16.07.2013 – 4 C 476/12 – festgestellt hatte, dass der B2B (damals noch JW Handelssysteme GmbH) kein Zahlungsanspruch zusteht.

Vorliegend erteilte das AG Chemnitz der B2B Technologies Chemnitz allerdings den Hinweis, dass die Zahlungsverpflichtung am Wohnsitz des Schuldners – im Falle unseres Mandanten Mönchengladbach – zu erfüllen ist und fragte nach, ob die B2B eine Verweisung an das AG Mönchengladbach beantragt. Dort wollte die B2B den Rechtsstreit offensichtlich aber gerade nicht austragen.

Zum weiteren Verständnis der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts:

§ 29 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, ist an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Für Geldschulden ist dies nach herrschender Meinung der Wohnsitz des Schuldners. Folglich muss jeder Schuldner grundsätzlich dort verklagt werden, wo er wohnt, im Fall unseres Mandanten in Mönchengladbach.

Abweichend hiervon kann zwischen den Parteien eines Schuldverhältnisses ein anderer Erfüllungsort vereinbaren werden (auch durch AGB), mit der Folge, dass das Gericht am vereinbarten Erfüllungsort zuständig ist. Eine solche Bestimmung findet sich in den AGB der B2B.

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Bei Wirksamkeit dieser AGB-Klausel gegenüber unserem Mandanten wäre das AG Chemnitz für die Klage der B2B örtlich zuständig gewesen.

Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort ist nach § 29 Abs. 2 ZPO aber nur wirksam, wenn die Vertragsparteien Kaufleute sind. Dass die B2B unter den „Kaufmannsbegriff“ fällt, dürfte offensichtlich sein. Im Bezug auf unseren Mandanten scheint das AG Chemnitz hiervon jedoch nicht überzeugt gewesen zu sein.

Eine andere Möglichkeit festzulegen, welches Gericht im Streitfall örtlich zuständig ist, besteht darin, eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen. Auch eine solche Bestimmung findet sich in den AGB der B2B:

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Allerdings bestimmt § 38 Abs. 1 ZPO, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zwischen Kaufleuten zulässig ist.

Da das AG Chemnitz die Leistungsklage der B2B wegen örtlicher Unzuständigkeit abgewiesen hat, scheint es auch im Hinblick auf diese Klausel nicht von einer Kaufmannseigenschaft unseres Mandanten ausgegangen zu sein.

Um es auf den Punkt zu bringen: Für den Fall, dass unser Mandant Kaufmann gewesen wäre, hätten die AGB der B2B bei wirksamer Einbeziehung dazu geführt, dass das AG Chemnitz für die Leistungsklage örtlich zuständig gewesen wäre.

Die Tatsache, dass das Gericht seine örtliche Zuständigkeit als nicht gegeben ansah, lässt wage hoffen, dass der Richter beim AG Chemnitz sich darüber bewusst war, wie viele Verbraucher sich auf den Seiten der B2B Technologies Chemnitz GmbH registrieren, denen Herr Jähn unter Berufung auf einen unternehmerischen Zweck der Registrierung ein Widerrufsrecht versagt.

Dabei soll das Angebot der B2B ja geradezu für Verbraucher gemacht sein.

Zumindest das „Meerschweinchen“ Julia Bachmeier konnte laut der Werbung „Tägliche Verbrauchernachrichten“ bei 96 von 100 Bestellungen bei beschaffungsplattform24.de der B2B Technologies Chemnitz GmbH über 90% sparen:

screenshot 2013-08-23 um 13.18.39Den Vogel abgeschossen hat allerdings der Kollege aus Leipzig, der die B2B Technologies Chemnitz GmbH des Herrn Jähn im Verfahren vor dem AG Chemnitz vertrat.

Einen Klageantrag enthielt die Klageschrift – entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO – nämlich nicht. Dem Rubrum lässt der Kollege vielmehr eine zusammenfassende Beschreibung des Klageinhalts folgen,

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um schließlich den seiner Meinung nach zutreffenden Sachverhalt und die Rechtsansichten der B2B darzulegen.

Eine Klageschrift „muss“ einen Klageantrag enthalten. Zumindest sieht es die Zivilprozessordnung so vor:

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Auch das Aktenzeichen des Kollegen wirft einige Verwunderung auf (ein „richtiges“ Aktenzeichen findet sich allerdings an anderer Stelle):

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Jedenfalls könnte es nicht schaden, wenn der Kollege noch einmal einen Blick in die ZPO wirft, bevor er die nächste Klage losschickt. In der Zwischenzeit warten wir auf unser Urteil beim AG Mönchengladbach…..