LG Berlin: Kein Anspruch der B2B Technologies Chemnitz GmbH – Vertragsinhalt nicht erkennbar / Preisklausel versteckt

LG Berlin, Urteil vom 30.04.2014, 84 S 132/13

Die Berufungskammer des LG Berlin stellt die Unwirksamkeit eines nach Auffassung der B2B Technologies Chemnitz GmbH geschlossenen Vertrages fest und würdigt hierbei insbesondere die Umstände, unter denen das vermeintliche Schuldverhältnis begründet worden sein soll, umfassend.

Hierdurch hebt sich die Entscheidung in bemerkenswerter Weise von bereits zugunsten der B2B Technologies Chemnitz GmbH ergangenen Entscheidungen hervor, die erkennen lassen, dass die Gerichte in erster Linie darauf abstellten, dass überhaupt ein Preishinweis vorhanden war, ohne zu berücksichtigen, auf welchen Wegen – über Werbung auf Verbraucherplattformen – die Kunden  auf die Anmeldeseite des Online-Angebots gelangten.

Werbeversprechen, die den Adressaten bestimmte Produkte anpreisen, rufen bei den Kunden nämlich in erster Linie die Absicht hervor, die zuvor beworbenen Produktes zu erwerben. Soll das Angebot der Begründung eines von diesem Erwerb letztlich unabhängigen weiteren Vertragsverhältnisses mit einem ganz anderen Inhalt dienen, ist dieses jedenfalls deutlich hervorzuheben, was bei dem Angebot der B2B Technologies Chemnitz GmbH in dem streitgegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall war.

Das Gericht, das den behaupteten Vertrag bereits „auf der erster Stufe“ – d.h. bei der Frage danach, ob der Anspruch überhaupt entstanden ist – scheitern lässt, stellt diesbezüglich fest, dass dem Kunden durch die Werbung „suggeriert“ wird, dass die Weiterleitung auf die Anmeldeseite der B2B Technologies Chemnitz GmbH in erster Linie dem Erwerb des zuvor beworbenen Produktes dient.

Sofern man – zugunsten der B2B Technologies Chemnitz GmbH – noch von einem wirksam geschlossenen Vertrag ausgehen würde, lässt sich die irreführende Werbung unsers Erachtens jedenfalls als Täuschung einordnen. Laut openthesaurus.de hat „suggerieren“ umgangssprachlich auch die Bedeutung, „jemandem einen Bären aufzubinden“ bzw. etwas „vorzutäuschen“, so dass der behauptete Vertrag jedenfalls auch „auf der zweiten Stufe“ – Anspruch untergegangen – durch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen wäre.

Ob diese Umstände auch zu einer Betrugsstrafbarkeit des Geschäftsführers der B2B Technologies Chemnitz GmbH, Herrn David Jähn, führen können, wird durch die Staatsanwaltschaft bzw. das Strafgericht zu entscheiden sein. An entsprechenden Strafanzeigen gegen Herrn Jähn mangelt es jedenfalls nicht.


Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. November 2013 -202 C 129/13 – wie folgt geändert:

a) Es wird festgestellt, dass die Forderung der Beklagten aufgrund der Anmeldung des Klägers auf der Internetseite b2b-einkaufsplattform.de für das vermeintliche zweite Vertragsjahr in Höhe von 240,00 € nicht besteht.

b) Die Beklagte wird verurteilt, die bei ihr vorhandenen Daten des Klägers zu löschen.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 101,40 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % p .a . seit dem 12. Februar 2013 zu zahlen.

d) Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.

II. Die am 2. Dezember 2013 eingegangene Berufung des Klägers gegen das aus dem Tenor im Einzelnen ersichtliche Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14 . November 2013, das ihm am 18. November 2013 zugestellt worden ist, ist statthaft (§ 511 ZPO) und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Berufungsfrist des § 517 eingehalten und das Rechtsmittel ist sogleich mit der Berufungsschrift begründet worden, so dass auch die Frist zur Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 2 ZPO ohne weiteres gewahrt ist.

Die Berufung hatte auch in der Sache Erfolg, weil die Klage nach Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang begründet und die Widerklage dagegen unbegründet ist.

Zwischen den Parteien ist aufgrund der letztlich unstreitig gebliebenen Onlinebestellung des Klägers vom 4. Februar 2013 und der nachfolgenden Annahme des Angebots durch die Beklagte durch Übersendung der Rechnung kein Vertragsverhältnis zu Stande gekommen.

Dabei kann die im Berufungshaupttermin angesprochene Frage letztlich offen bleiben, ob schon deswegen kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien zu Stande gekommen sein kann, weil sich aufgrund der dem Kläger bei Abgabe seiner Bestellung zur Verfügung stehenden Informationen, mit denen er letztlich auf die auf dem Internetportal der Beklagten unterbreitete invitatio ad offerendum reagierte, indem er der Beklagten ein entsprechendes Vertragsangebot machte, dass diese annahm, nicht klar ersichtlich war, zu welchen konkreten Leistungen sich eigentlich die Beklagte verpflichten wollte. Denn diese Frage, die für die Prüfung, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien zu Stande gekommen ist und welchen Inhalt es hat, wesentlich ist, weil sich die Vertragsparteien zumindest über die essentialia negotii geeinigt haben müssen, lässt sich anhand der in dem Anmeldeportal (Anlage K 2 zur Klageschrift) enthaltenen Informationen überhaupt nicht beantworten.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass auf der Website immerhin davon die Rede ist, dass die Beklagte den Zugang zu über 20.000 Händlern, Großhändlern, Restposten und Konkurswarenhändlern versprach. Denn allein aufgrund dieser Angaben lässt sich nicht klar nachvollziehen, welche konkreten Leistungspflichten die Beklagte gegenüber dem Kläger eingehen wollte. Denkbar wäre – was das Amtsgericht angenommen hat- ein Dienstvertrag, genauso gut jedoch auch ein Miet- oder sonstiger Nutzungsvertrag in Bezug auf die von der Beklagten unterhaltene Datenbank und schließlich könnte das Vertragsverhältnis ohne weiteres auch als Werkvertrag ausgestaltet sein, wobei die Beklagte dann allerdings eine (ständige) Erfolgsgarantie für das tatsächliche Vorhandensein von mindestens 20.000 Händlern in Ihrer Datenbank und den permanenten Zugriff des Klägers darauf übernehmen würde.

Was im vorliegenden Fall gewollt war, lässt sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts den Informationen auf der Anmeldeseite der Beklagten nicht einmal im Ansatz bestimmen.

Den Umständen nach einfach einen Dienstvertrag anzunehmen, erscheint nicht besonders interessengerecht, da es den Kunden erkennbar nicht in erster Linie auf das bloße Bemühen der Beklagten um den Zugriff der Kunden auf die Datenbank und die günstigen Einkaufsmöglichkeiten ankommt,  sondern, in gewisser Weise auch auf einen bestimmten Leistungserfolg. Schon diese Erwägung, nämlich dass unklar ist, welche vertragstypischen Pflichten der Beklagten begründet werden sollten, spricht, wie im Berufungshaupttermin mit den Parteien erörtert, zwar dafür, dass zwischen den Parteien schon deswegen kein Vertragsverhältnis zu Stande gekommen ist, weil keine Einigung über die der Beklagten obliegenden Leistungspflichten vorliegt.

Ein Vertrag, bei dem nur die Leistungspflichten der eigenen Partei geregelt werden, die der anderen Partei jedoch völlig im Unklaren bleiben, ist jedoch schon wegen dieser Unklarheit nicht wirksam. Dies gilt zumindest dann, wenn die Parteien sich – wie hier- lediglich darüber geeinigt haben, dass der Besteller der Leistungen die Gegenleistung nur gegen Entgelt erhalten soll, die vertragstypischen und vom Empfänger des Entgelts zu erbringenden Leistungen, hier also der Beklagten, jedoch nicht näher bestimmt sind. Dann fehlt es schon an einer ausreichenden Einigung über die von den Parteien zu erbringenden vertragstypischen Pflichten, so dass bereits aus diesem Grund gemäß den § 145 ff. BGB kein wirksames Vertragsverhältnis zu Stande gekommen ist.

Letztlich kann diese Frage jedoch auf sich beruhen, so dass es auch nicht entscheidend auf den Vortrag der Beklagten in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 24. April 2014 ankam, in dem sie Ausführungen dazu gemacht hat, dass der Umfang der Leistungen, zu deren Erbringung sie sich verpflichten wollte, über einen weiteren Mausklick auf den Begriff „Leistungen“ in dem Informationsfeld rechts neben der Anmeldemaske abrufbar gewesen wären und ebenso wenig auf die weitere Frage, ob dies überhaupt ausreichend ist, wenn nicht ausdrücklich auf diesen Link hingewiesen wird.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist nämlich jedenfalls deswegen kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien zu Stande gekommen, weil der im Informationsfeld der Anmeldeseite im zweiten Satz erhaltene Hinweis der Beklagten darauf, dass der Nutzer mit der Anmeldung zu dem Handelsportal ein Dauerschuldverhältnis für die Dauer von zwei Jahren zu einem Gesamtentgelt von 480 € eingeht, im Sinne von 305c BGB als überraschend anzusehen und deswegen gar nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

Dabei geht die Kammer zu Gunsten der Beklagten davon aus, dass es sich bei dem Kläger, der unstreitig einen Kiosk betreibt, um einen Unternehmer im Sinne von § 14 BGB handelt. Nach der Regelung des § 310 BGB ist jedoch die Vorschrift des § 305c Abs. 1 BGB auch im Rechtsverkehr mit Unternehmern grundsätzlich anwendbar. Nach der genannten Norm werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.

Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die in der Anmeldemaske enthaltene Preisklausel entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ohne weiteres gegeben: Die Rechtsfrage, ob es sich bei einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, hier dem Anmeldeportal der Beklagten, auf der rechten Seite im zweiten Satz unter der Überschrift „Informationen“ enthaltenen Hinweis auf die Entgeltpflicht und die Vertragsdauer von zwei Jahren um eine überraschende oder ungewöhnliche Klausel handelt, ist vom Tatrichter jeweils nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zu entscheiden (vgl. nur BAG NJW 2000, 3299). Es muss sich einerseits um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handeln und andererseits muss dieser als zweite normative Voraussetzung ein gewisses Überraschungsmoment innewohnen, es muss sich also um eine Klausel handeln , mit der der Gegner des Verwenders unter normalen Umständen nicht zu rechnen braucht. Der verwendeten Klausel muss im Einzelfall ein gewisser Überrumpelungs – oder Übertölpelungseffekt innewohnen (BGHZ 100, 85 ff.; BGH NJW 1990 , 577).

Dazu genügt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Berufungskammer anschließt, dass sich das überraschende Moment der Klausel aus ihrer konkreten Stellung in dem Vertragswerk ergibt, etwa wenn eine inhaltlich hinreichend klare Klausel, bei der von einem Kunden normalerweise erwartet werden kann, dass er sie ohne größere Verständnisprobleme zur Kenntnis nimmt, an der konkreten Stelle, an der sie in den Vertragsdokumenten vorhanden ist, nicht zu erwarten war oder wenn sie sonst im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu versteckt wird (Kammergericht NJW-RR 2002, 490; OLG Hamm NJW-RR 1997, 370).

Maßgeblich ist dabei also nicht nur der sachliche Inhalt der beanstandeten Klausel, sondern auch deren Stellung im Gesamtkontext der Vertragsdokumente. Ob die betreffende Klausel im vorgenannten Sinne als überraschend oder ungewöhnlich anzusehen ist, hat dabei der Tatrichter unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Vertragsschlusses und der Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Kunden zu beurteilen.

An diesen Maßstäben gemessen ist die vom Kläger beanstandete Klausel bereits als ungewöhnlich und überraschend im Sinne von § 305c BGB einzustufen. Denn zum einen ist über die vom Amtsgericht hinaus vorgenommene Würdigung zu berücksichtigen, dass im ersten Rechtszug zwischen den Parteien unstreitig war, dass der Kläger auf die Anmeldeseite geleitet worden ist, nachdem er vorher auf ein besonders herausgestelltes und mit der Anmeldemaske verlinktes Angebot zum günstigen Erwerb eines konkreten Produktes, nämlich von Red Bull Energy Drinks, reagiert hatte, wodurch für den durchschnittlichen Kunden in aller Regel schon suggeriert wird, dass die Weiterleitung auf die Anmeldeseite der Beklagten in erster Linie dem Erwerb des zuvor beworbenen Produktes dient und nicht – wie hier – der Begründung eines von diesen Erwerb letztlich unabhängigen weiteren Vertragsverhältnisses mit einem ganz anderen Inhalt.

Hinzu kommt, dass nach dem allerdings erst im zweiten Rechtszug, und zwar von der Beklagten selbst, eingereichten farbigen Ausdruck des Portals auch durch die kolorierte Gestaltung der Anmeldemaske die Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Kunden auf die linke Seite des Formulars gelenkt wird, also auf die Eingabefelder, die sich unter dem grünen Balken zur Anmeldung befinden. Gerade der grüne Balken und die roten Überschriften vor den einzelnen Eingabefeldern auf der linken Seite des Formulars lenken die Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Betrachters auf die dortigen Angaben, was zwangsläufig dazu führt, dass die lediglich in hell- und dunkelgrau aufgedruckten und relativ klein gehaltenen Hinweise auf der rechten Seite des Formulars – und damit auch nach der im Zeitpunkt des hier zu beurteilenden Vertragsschlusses noch maßgeblichen Kästchens mit der Überschrift „Informationen“ in den Hintergrund treten. Denn diese heben sich optisch nicht besonders von dem auch im übrigen hellgrau gehaltenen Hintergrund der Anmeldemaske ab.

Berücksichtigt man nun mehr noch, dass der Hinweis auf die zweijährige Mitgliedschaft und die Kosten auch im ohnehin nicht im Fokus der Aufmerksamkeit des Betrachters stehenden Feld mit der Aufschrift „Informationen“ zudem nicht an vorderster Front aufgelistet werden , sondern erst im zweiten Satz der dortigen Hinweise, die auch grafisch und drucktechnisch nicht besonders hervorgehoben sind, während andere Hinweise auf der Seite zumindest fett gedruckt werden und dadurch mehr herausstechen, ist nach Auffassung der Berufungskammer aufgrund der Gesamtumstände hier bereits ohne weiteres davon auszugehen, dass die hier vom Kläger beanstandete Preisklausel als im Vertragskontext versteckt zu bewerten ist.

Da der Kläger außerdem unstreitig auf das Anmeldeportal erst umgeleitet worden war, nachdem ihm zuvor bei Facebook ein dort gestaltetes besonders günstiges Angebot für Energiegetränke unterbreitet worden war, ist die auf dem Anmeldeportal der Beklagten enthaltene lnvitatio zur Anmeldung zu dem von der Beklagten unterhaltenen Datenbanksystem den Gesamtkontext nach auch als inhaltlich ungewöhnlich einzustufen, weil der Kunde aufgrund der Weiterleitung aus einer konkreten Produktwerbung eigentlich damit rechnet, nun das Produkt kaufen zu können und nicht die von der Beklagten angebotene Nutzungsmöglichkeit einer Datenbank. Gerade aus dieser situationstypischen Vorstellung des Kunden heraus ergibt sich auch der der Preisklausel innewohnende Übertölpelungseffekt.

Damit sind beide normativen Voraussetzungen für die Annahme einer überraschenden oder ungewöhnlichen Klausel im Sinne von § 305c BGB gegeben, so dass die hier betreffende Preisklausel entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung bereits als überraschend zu werten ist. Die Preisklausel ist damit nicht Vertragsbestandteil geworden, weshalb nach der Regelung zu § 305c Abs. 1 BGB überhaupt keine Preisvereinbarung und damit auch kein Vertragsschluss gegeben ist.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich damit, dass sowohl der vom Kläger in zulässiger Weise auf das zweite Vertragsjahr beschränkte Feststellungsanspruch begründet ist, als auch, dass die Beklagte zur Löschung der im Zuge der nach Auffassung der Berufungskammer letztlich ergebnislos gebliebenen Vertragsverhandlungen erlangten Daten des Klägers verpflichtet ist.

Die Klageanträge zu 1 und 2 sind damit ohne weiteres begründet.

Nichts anderes gilt hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs. Dieser ist ohne weiteres aus § 280 BGB begründet. Zwar ist zwischen den Parteien im vorliegenden Fall gar kein Vertragsverhältnis zu Stande gekommen, ein Schuldverhältnis im Sinne von § 280 BGB wird jedoch gemäß § 311 Abs . 2 BGB bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründet, so dass die Beklagte von vornherein dazu verpflichtet war, ihre im Internet verwendete Werbung und insbesondere die auf der Anmeldeseite enthaltene lnvitatio ad offerendum so zu gestalten, dass dem Kunden, selbst wenn die Benutzung der Seite an sich auf gewerbliche Nutzer beschränkt war, unmissverständlich deutlich gemacht wurde, dass es bei der Anmeldemaske um den Abschluss eines Vertragsverhältnisses zur Nutzung der Datenbank ging und nicht um den Erwerb konkreter, zuvor im Web verlinkte Angebote zum Erwerb bestimmter Waren.

Die diesbezügliche Rechtspflicht der Beklagten ergab sich insoweit aus der oben eingehend erörterten Vorschrift des 305c BGB, die insoweit auch das Gebot an den Klauselverwender enthalten, unklare, überraschende oder übertölpelnde Klauseln im geschäftlichen Verkehr nicht zu verwenden.

Da die Beklagte nach den obigen Ausführungen, auf die insoweit verwiesen werden kann gegen diese Rechtspflicht verstoßen hat, schuldet sie dem Kläger unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsschluss gem. § 280 BGB auch die Erstattung der durch die Pflichtverletzung adäquat verursachten außergerichtlichen Anwaltskosten, so dass der Klageantrag zu 3 ebenfalls begründet ist.

Dem kann entgegen der vom Amtsgericht Chemnitz (Urteil vom 24. Februar 2014, 13 C 2321/13) vertretenen Auffassung auch nicht entgegengehalten werden, dass es zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre, von Dritten mit nicht gerechtfertigten Ansprüchen konfrontiert zu werden. Denn dabei wird verkannt, dass die Konfrontation mit diesen Ansprüchen unmittelbar auf die Schaltung des Werbeangebots und die Verlängerung mit der Anmeldemaske zurückzuführen ist. Dass bei der Abwehr der Forderung die Inanspruchnahme gerade anwaltlicher Hilfe notwendig war, beweist zudem der vorliegende Fall eindrucksvoll, denn die Beklagte hält nach wie vor an der von ihr vertretenen Auffassung fest, dass die von ihr verwendeten Klauseln auch in der damaligen Fassung nicht zu beanstanden gewesen sei. Ohne anwaltliche Hilfe wäre ein Angehen des Klägers gegen die von der Beklagten behaupteten Ansprüche damit von vornherein aussichtslos gewesen.

Selbst das Amtsgericht hatte die Frage der Wirksamkeit des Vertragsschlusses rechtlich [Ergänzung des Verfassers: anders] gewürdigt als die Berufungskammer. Der Kläger kann deswegen nicht darauf verwiesen werden, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nicht notwendig gewesen sei.

Die Widerklage, mit der die Beklagte das Entgelt für das erste Vertragsjahr verlangt, ist dagegen aus den oben dargestellten Gründen unbegründet, weil ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien gar nicht zu Stande gekommen ist. Eine Ausgleichspflicht des Klägers für von der Beklagten zur Verfügung gestellte Leistungen aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis, insbesondere aus einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB), kommt den Umständen nach ebenfalls nicht in Betracht, da die Beklagte selbst vorträgt, dass sie den Zugang des Klägers zu der Datenbank gesperrt gehalten habe, weil dieser den Beitrag nicht bezahlt habe. Deswegen hat der Kläger hier jedenfalls nichts erlangt, was er der Beklagten zu erstatten hätte.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des Amtsgerichts entsprechend den Berufungsanträgen des Klägers zu ändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 , 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil es sich bei der Frage, ob die damalige Gestaltung der Anmeldemaske der Beklagten hinsichtlich der Preisklausel als überraschend anzusehen ist, um eine Frage handelt, die sich im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet bewegt und deswegen ohnehin nicht reversibel wäre.

Vorinstanz: AG Charlottenburg, Urteil vom 14. November 2013 – 202 C 129/13