Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs – Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen

Charakteristisch für die Flirt- und Datingportale der Ideo Labs GmbH ist die automatische Verlängerung einer 14 Tage Mitgliedschaft für 1,- € in ein Halbjahresabonnement für knapp 540,- €. Bei der überwiegenden Anzahl der Portale soll das Widerrufsrecht des Verbrauchers erlöschen. Nach Auffassung des Verfassers liegen die Voraussetzungen für ein Erlöschen des Widerrufsrechts nicht vor. 


Portale der Ideo Labs

Die Anzahl der Flirt- und Datingportale der Ideo Labs nimmt stetig zu. Derzeit sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) zu nennen:

  • 4.dating
  • 6.dating
  • c.dating
  • click-and-date.de
  • daily-date.de
  • daily-date.at
  • daily.dating
  • dateformore.de
  • dateformore.at
  • flirtdate18.com
  • flirtygirls.de
  • just-date.de
  • lol-date.de
  • now-date.de
  • only-dates.de
  • s.dating
  • single.dating
  • wow-date.de

Ihre wesentliche Prägung erhalten diese Portale durch die Möglichkeit, eine 14 Tage Mitgliedschaft zum Preis von 1,- € zu erwerben. Diese verlängert sich bei ungekündigtem Fortlauf in ein Halbjahresabonnement zum Preis von knapp 540,- €. Zum Widerruf soll der Verbraucher im Regelfall (Ausnahmen folgen) nicht berechtigt sein.

Hiernach kann eine Lösung von der vertraglichen Verpflichtung ausschließlich durch Kündigung erfolgen, wobei die Kündigungsfrist für die 14 Tage Mitgliedschaft von – derzeit – einer Woche von den Nutzern in vielen Fällen nicht eingehalten wird. 

Ob die Nutzer überhaupt mit einem Kündigungserfordernis für die 14 Tage Mitgliedschaft rechnen mussten (vgl. § 305c BGB), steht auf einem anderen Blatt und wird Thema eines gesonderten Beitrags.

Die Formulierung, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt, lautet üblicherweise wie folgt (oder ähnlich):

„Die Widerrufsrecht habe ich zur Kenntnis genommen und wünsche, dass der Anbieter sofort nach dem Kauf vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Bereitstellung der digitalen Inhalte beginnt. Mir ist bekannt, dass hierdurch das Widerrufsrecht entfällt, sobald der Anbieter mit der Bereitstellung der digitalen Inhalte begonnen hat.“

Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen

Entnommen only-dates.de am 22.10.2018 – Exemplarische Darstellung
Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
Entnommen wow-date.de am 22.10.2018 – Exemplarische Darstellung

Abweichend davon hält die Ideo Labs auf flirtdate18.com und flirtygirls.de keine Opt-in-Formulierung vor, durch die das Widerrufsrecht zum Erlöschen gebracht werden soll. Es erfolgt ein „regulärer“ Hinweis auf die Widerrufsbelehrung:

„Die Allgemeinen Geschäftsbedigungen (AGB) und Datenschutzbestimmungen (Datenschutz) und die Widerrufsbelehrung des Anbieters habe ich zur Kenntnis genommen, erkläre mich mit diesen einverstanden und bestätige, dass ich mindestens 18 Jahre alt bin. Für die von mir gewählte Zahlungsart fallen keine zusätzlichen Gebühren an.“

Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
Entnommen flirtdate18.com am 22.10.2018 – „Kaufen“-Seite
Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
Entnommen flirtygirls.de am 22.10.2018 – „Kaufen“-Seite

Das Widerrufsrecht im Fernabsatz

Der Gesetzgeber hat für Verbraucher bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht vorgesehen, § 355 BGB. Der Grund dafür ist, dass eine Begutachtung der Ware – wie sie in einem Ladengeschäft möglich wäre – beim Kauf im Internet nicht möglich ist. Durch das Widerrufsrecht soll der Verbraucher innerhalb der Widerrufsfrist die Möglichkeit erhalten, die Sache auszuprobieren, so, wie er es im Laden könnte.

Um den Unternehmer vor einem Missbrauch zu schützen, hat der Gesetzgeber Ausnahmen vom Widerrufsrecht vorgesehen. Eine dieser Ausnahmen ist die Möglichkeit des Unternehmers, das Widerrufsrecht bei Verträgen über die Lieferung von digitalen Inhalten zum Erlöschen zu bringen.

Nach § 312f Abs. 3 BGB sind

digitale Inhalte nicht auf einem körperlichen Datenträger befindliche Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden.“ ((vgl. § 312f Abs. 3 BGB)

Der Gesetzgeber folgt damit der Definition des Art. 2 Nr. 11 der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU. Was damit gemeint ist, darüber gibt Erwägungsgrund Nr. 19 der Richtlinie Auskunft:

„Digitale Inhalte“ bezeichnet Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, wie etwa Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos oder Texte, unabhängig davon, ob auf sie durch Herunterladen oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming), von einem körperlichen Datenträger oder in sonstiger Weise zugegriffen wird. (vgl. Richtlinie 2011/83/EU, Erwägungsgrund 19)

Charakteristisch für die Lieferung der in Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2011/83/EU beispielhaft aufgezählten digitalen Inhalte, wie dem Download eines Hörbuchs, einer App oder eines Videofilms, ist die sofortige und vollständige Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung des Unternehmers, die darin besteht, dem Verbraucher einen – durch den Unternehmer selbst zu beschaffenden – eigenen Inhalt so bereitzustellen, dass er durch Herunterladen oder durch Streaming darauf zugreifen kann. Mit Abschluss des Downloads bzw. dem Vollzug des Streamings „herrscht“ der Verbraucher über den vom Unternehmer bereitgestellten Inhalt.

Einer Rückgabe dieser Inhalte im Fall eines Widerrufs durch den Verbraucher steht entgegen, dass der Unternehmer bei einem Download niemals Gewissheit darüber erlangen kann, ob der Verbraucher diesen  auch tatsächlich von seiner Festplatte gelöscht hat. Beim Streaming ist die Rückgabe wegen der Beschaffenheit der Leistung ausgeschlossen, der Verbraucher hat die Sache durch Ansehen bereits „verbraucht“.

Charakteristisch für diese Sachverhalte ist folglich eine einmalige Leistungshandlung des Unternehmers, durch die ein vom ihm zum Abruf zur Verfügung gestellter Inhalt in Form einer Vervielfältigung  in den Herrschaftsbereich des Verbrauchers gelangt, wo er durch den Verbraucher entweder dauerhaft gespeichert oder aber – im Falle des Streaming – durch Ansehen „verbraucht“ wird. Beispiele sind etwa der Download eines Hörspiels oder das Betrachten eines Kinofilms.

Wie aber ist das Vorliegen einer Lieferung von digitalen Inhalten zu beurteilen, wenn die Leistung sich nicht in einer einmaligen Zurverfügungstellung des Leistungsgegenstands erschöpft, sondern der Unternehmer vielmehr eine dauerhafte Zugriffsmöglichkeit auf Online-Inhalte schafft?

Für einen dieser Fälle, in dem das Erlöschen des Widerrufsrechts für eine Online-Zugangsberechtigung zum Abruf von Filmen und Fernsehkanälen (Bezahlfernsehen) im Streit stand, ging das OLG München in seinem Urteil vom 30.06.2016 – 6 U 732/16 – von einer Lieferung digitaler Inhalte aus, obwohl die „Lieferung“ sich nicht in einmaligen Download erschöpfte, sondern aus einer dauerhaften Zugriffsmöglichkeit auf ein Portal mit Filmen und Fernsehkanälen bestand:

„Die Beklagte ist der größte inländische Anbieter von sog. Bezahlfernsehen. Unter der Bezeichnung „S. online“ bietet sie, auch im Wege des Fernabsatzes, gegen Zahlung einer monatlich zu entrichtenden Pauschale einen internetvermittelten, über beliebige internetfähige Endgeräte wie Smartphones, PCs o.ä. nutzbaren Zugang zu ihrem Programmangebot an, das neben in Echtzeit übertragenen Fernsehkanälen auch den Zugriff auf vom Nutzer zu beliebigen Zeitpunkten abrufbare Filme in der Art einer Onlinevideothek umfasst.

Die Speicherung von Programminhalten auf einem Datenträger ist bei dem Angebot technisch nicht möglich.“ 

(vgl. OLG München, Urteil vom 30.06.2016 – 6 U 732/16)

Den Knackpunkt der Entscheidung sah das OLG München im Begriff der „Lieferung“ in § 356 Abs. 5 BGB. Die Vorschrift ermöglicht das Erlöschen des Widerrufsrechts bei „Verträgen über die Lieferung von […] digitalen Inhalten.

Würde man davon ausgehen, dass eine „Lieferung“ eine einmalige Sache ist, wie zum Beispiel die Ermöglichung des Downloads eines e-Books oder Hörspiels, käme § 356 Abs. 5 BGB nicht zur Anwendung, weil die dauerhafte Ermöglichung der Zugriffsmöglichkeit keine „Lieferung“ darstellen würde. Dies hätte zur Folge, dass ein Erlöschen des Widerrufsrechts bei solchen Angeboten, in denen die Leistungspflicht des Unternehmer in der Ermöglichung eines dauerhaften Zugriffs auf Online-Inhalte besteht, nicht in Betracht kommt.

Das Gericht vertritt hingegen die Auffassung, dass der Begriff der Lieferung im Sinne des § 356 Abs. 5 BGB unabhängig davon zu beurteilen ist, ob Vertragsgegenstand die einmalige oder die auf Dauer angelegte Möglichkeit eines Datenabrufs ist. Damit könne das Widerrufsrecht auch bei Abonnements, einem pro rata temporis zu vergütenden längerfristigen Zugriff auf ein Portal mit nicht im Einzelnen konkretisierten digitalen Inhalten zum Erlöschen gebracht werden.

Taggleich warf das LG Berlin mit seinem Urteil vom 30.06.2016 – 52 O 340/15 – weiteres Holz in das Feuer, in dem das Widerrufsrecht von nun an brennen sollte.

Das Gericht setzte sich in dem Urteil mit den Datingportalen dateformore.de, dateforemore.at, daily-date.de und daily-date.at der Ideo Labs GmbH auseinander. Dabei folgt es der Meinung der beklagten Ideo Labs GmbH, dass es sich bei dem Angebot auf den streitgegenständlichen Websites um die „Lieferung digitaler Inhalte“ i.S.d. § 356 Abs. 5 BGB handelt, mit der Folge, dass Verbraucher ihr Widerrufsrecht bei entsprechender Gestaltung im Rahmen des Kaufprozesses verlieren können:

„Die Beklagte betreibt auf der unter www.dateformore.de abrufbaren Website eine Plattform, die es Verbrauchern ermöglicht , mit anderen gleichgesinnten Nutzern derselben Plattform zunächst über das Internet zu kommunizieren, sodann ggf. weitere Kontaktdaten auszutauschen und sich persönlich zwecks sexueller Kontakte („Partner für einen Seitensprung“) zu treffen.

[…]

gelangt man in den Mitgliederbereich, in dem einige – nach Maßgabe eines automatisierten Abgleichs -der vom Nutzer angegebenen Daten mit den Daten bereits angemeldeter Mitglieder passende, anonymisierte Kontaktvorschläge unterbreitet werden. Es handelt sich um eine begrenzte Anzahl von Mitgliederprofilen, wobei nicht alle Inhalte freigegeben sind und das für eine Partnerwahl wichtige Profilfoto nur verschwommen gezeigt wird.


[…]

Um die Vermittlung solcher digitalen Inhalte handelt es sich auch hier bei den von der Beklagten im Rahmen der Mitgliedschaft zur Verfügung gestellten Daten.

[…]

Vertragsgegenstand ist gemäß Ziffer 1 der AGB „die Bereitstellung von kostenlosen und kostenpflichtigen digitalen Inhalten vor allem in Form von nutzergenerierten Inhalten wie z.B. Nutzerprofile, Fotos und Nachrichten anderer Nutzer, die von den Kunden betrachtet und genutzt werden können. …“

Mit dem Abschluss des kostenpflichtigen Vertrages werden dem Nutzer auch solche digitalen Inhalte zur Verfügung gestellt, denn bei den Fotos, Nachrichten, Profile anderer Nutzer handelt es sich um Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden.

Auch bei solchen Datenlieferungen, wie sie die Beklagte im Rahmen der zahlungspflichtigen Mitgliedschaft zur Verfügung stellt, besteht mithin das 14tägige Widerrufsrecht gemäß § 312 g Abs. 1 BGB, welches unter den Voraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB erlöschen kann.“

(vgl. LG Berlin, Urteil vom 30.06.216 – 52 O 340/15)

Sowohl im Fall des Bezahlfernsehens als auch im Fall der streitgegenständlichen Portale der Ideo Labs GmbH sollen hiernach Verträge über die Lieferung von digitalen Inhalten abgeschlossen worden sein.

Keine Lieferung digitaler Inhalte durch die Ideo Labs

Diese Beurteilung kann im Fall der Ideo-Labs-Portale nicht überzeugen. Auszugehen ist dabei von der Frage, ob ein Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten vorliegt, was maßgeblich von dem Inhalt der Leistungspflicht der Ideo Labs GmbH abhängt.

Ohne Bedeutung für die Beurteilung ist, dass die Ideo Labs GmbH selbst den Vertrag als Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten einschätzt, so wie sie es in ihren AGB kommuniziert:

„Vertragsgegenstand ist die Bereitstellung von kostenlosen und kostenpflichtigen digitalen Inhalten,  wie z.B. Nutzerprofilen, Fotos und Nachrichten anderer Nutzer, die von den Kunden betrachtet und genutzt werden können. Bestimmte digitale Inhalte oder ergänzende Funktionen, wie z.B. das Erhalten von Kontaktvorschlägen, das Anlegen eines eigenen Profils oder die Registrierung, können kostenlos sein.“

AGB (Ausschnitt) eines Dating-Portals der Ideo Labs GmbH (exemplarisch)

Die Subsumption der Bereitsstellung von Nutzerprofilen, Fotos und Nachrichten anderer Nutzer unter den Begriff der Lieferung digitaler Inhalte scheitert nämlich daran, dass diese Inhalte nicht von der Ideo Labs hergestellt und auch nicht von ihr bereitgestellt werden.

Die Her- und Bereitstellung der Nutzerprofile, Fotos und Nachrichten anderer Nutzer erfolgt – wie bereits der Wortlaut „anderer Nutzer“ andeutet, durch die anderen Nutzer. Sie sind es, die ein Nutzerprofil anlegen, Fotos hochladen und Nachrichten verschicken.

Eine „Bereitstellung“ durch die Ideo Labs erfolgt also lediglich in der Form, dass diese ein Portal bereitstellt, auf dem Verbraucher widerrum eigene Inhalte bereitstellen können. Eine Her- und Bereitstellung eigener Inhalte durch die Ideo Labs erfolgt hingegen nicht, somit werden durch die Ideo Labs auch keine digitalen Inhalte „geliefert“.

Insoweit ist die Argumentation des LG Berlin

Mit dem Abschluss des kostenpflichtigen Vertrages werden dem Nutzer auch solche digitalen Inhalte zur Verfügung gestellt, denn bei den Fotos, Nachrichten, Profile anderer Nutzer handelt es sich um Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden. (vgl. LG Berlin, Urteil vom 30.06.216 – 52 O 340/15)

unvollständig und damit unrichtig. Das Gericht lässt unberücksichtigt, dass die Bereitstellung der digitalen Inhalte nicht durch die Ideo Labs sondern durch die Nutzer der Portale erfolgt. Die Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich ganz leicht aus der Folge, dass es sich, in dem Fall, dass die Ideo Labs die Profile und Fotos der Nutzer bereitstellen würde, um sogenannte Fake-Profile handeln würde, weil sie eben nicht – wie es scheint – von den Nutzern stammen würden.

In dem Ursprung der Inhalte ist auch der wesentliche Unterschied zu den Tatsachen zu sehen, die der Entscheidung des OLG München zum Bezahlfernsehen zugrunde lagen: dort bestand die vertragliche Pflicht des Anbieters darin, das Portal mit eigenen Fernseh-Inhalten zu füllen, die durch die Nutzer betrachtet werden können. Den Anbieter traf eine Besorgungspflicht hinsichtlich der Inhalte  und ein inhaltsleeres Portal  hätte zumindest ein Zurückbehaltungsrecht (am Entgelt) für die Nutzer bedeutet.

Eine vertragliche Besorgungspflicht der Ideo Labs hinsichtlich der Inhalte ihrer Portale besteht hingegen nicht. Die Richtigkeit dieser Auffassung offenbart sich in dem hypothetischen Fall, dass sämtliche Nutzer der Portale sich auf einen Schlag abmelden und eine Löschung der von ihnen hochgeladenen Inhalte (Fotos, Nutzerprofile und Nachrichten) verlangen würden (die Folge wäre ein leeres Flirt- und Datingportal).

Im Gegensatz zum Bezahlfernsehen wäre die Ideo Labs aber auch dann berechtigt, ein Entgelt für die Nutzung eines leeren Dating-Portals zu fordern. Denn ihre Leistungspflicht besteht nicht darin, das Portal mit Inhalten, wie zum Nutzerprofilen, Bildern und Nachrichten zu füllen und dem Kunden diese zu liefern. Vielmehr ist ihre wesentliche und damit Hauptleistungspflicht darin zu sehen, die technische Verfügbarkeit eines Portals sicherzustellen, auf dem die Nutzer eigenständig Inhalte bereitstellen können. Damit – und in der Zurfervügungstellung verschiedener Kontaktmöglichkeiten – liegt die Dienstleistung der Ideo Labs.

Auch die Ideo Labs ging dementsprechend ursprünglich davon aus, dass

Vertragsgegenstand […] die Nutzung der vom Anbieter auf seinen Websites zur Verfügung gestellten kostenlosen und kostenpflichtigen Kontaktdienstleistungen (AGB daily-date.de vom 06.05.2015)

ist und der Zugriff auf „Vermittlungs-Dienstleistungen“ erfolgt.

Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
AGB daily-date.de vom 06.05.2015
Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
AGB only-dates.de vom 18.08.2015

Ein Umschwenken hinsichtlich des wesentlichen Charakteristikums ihrer Leistung – „Vermittlungsdienstleitung“ auf „Lieferung digitaler Inhalte“ – dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass nur so das Widerrufsrecht der Verbraucher – vermeintlich – zum Erlöschen gebracht werden kann.

Auch das Landgericht Hamburg bewertet die Leistung eines Partnervermittlungsportals in seinem Urteil vom 22.07.2014 als reine Dienstleistung:

„Diese [Anm. des Verfassers: „Dienstleistung“] besteht vorliegend darin, dem Nutzer im Rahmen der Premium-Mitgliedschaft für den vereinbarten Zeitraum die Möglichkeit zu eröffnen, anhand von Partnervorschlägen der Beklagten oder auch unabhängig von diesen andere Nutzer des Online-Angebotes der Beklagten zu kontaktieren und unter diesen nach einem Partner zu suchen.“ (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 22.07.2014 – 406 HKO 66/14)

Eine zum gleichen Ergebnis führende Einordnung nimmt das Handelsgericht Wien in seinem Urteil vom 16.01.2017 – 57 Cg 46/15p – betreffend die Portale dateformore.at und dailydate.at der Ideo Labs vor. Das Gericht stellt eine Lieferung digitaler Inhalte grundsätzlich nicht in Abrede, gelangt aber ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Widerrufsrecht nicht zum Erlöschen gebracht werden kann, weil die Bereitstellung unkörperlicher Inhalte auf den Portalen nur von untergeordneter Bedeutung sei:

„Vorliegend besteht der Gegenstand der von der Beklagten zu erbringenden Leistung darin, Profile von einzelnen Nutzern und somit Kontakte, bei denen Übereinstimmungen bei den Wünschen hinsichtlich der Partnerangaben bestehen, dem einzelnen Nutzer zugänglich zu machen und dem Nutzer die Möglichkeit zu bieten, seine Angaben bzw. seine Vorlieben mit den Angaben anderer Mitglieder zu vergleichen, sowie die Nutzerprofile, Fotos und Nachrichten anderer Nutzer zur Verfügung zu stellen.

Inhalt der von der Beklagten zu erbringenden Leistungen ist somit das Zugänglichmachen von für den einzelnen Nutzer passenden Kontakten, sodass vorliegend das Element der
Bereitstellung unkörperlicher Inhalte von untergeordneter Bedeutung ist.

Zudem können die Nutzer auf der Online-Plattform der Beklagten individuelle Nachrichten an andere Nutzer senden und solche auch empfangen, eigene Profile erstellen, Fotos online stellen und die Profile anderer abrufen (vgl. Beilage ./26).

Damit wird den Nutzern für den vereinbarten Zeitraum die Möglichkeit eröffnet, anhand von Partnervorschlägen der Beklagten oder auch unabhängig von diesen, andere Nutzer des Online-Angebotes der Beklagten zu kontaktieren und unter diesen nach einem Partner zu suchen (vgl. LG Hamburg vom 22.07.2014, 406HKO66/14).

Damit stellt die Beklagte aber nicht nur digitale Inhalte iSd § 18 Abs 1 Z 11 FAGG, sondern primär Dienstleistungen iSd Art 2 Z 6 der VR-RL zur Verfügung.“

(vgl. Handelsgericht Wien, Urteil vom 16.01.2017 – 57 Cg 46/15p)

Dass die Ideo Labs mit der Formulierung auf den Portalen flirtdate18.com und flirtygirls.de, die ein Erlöschen des Widerrufsrechts nicht vorzusehen scheint, von ihrer Meinung, es liege ein Vertrag über die Lieferung digitaler Inhalte vor, abrückt, ist nicht anzunehmen. Dafür spricht bereits, dass in den AGB weiterhin von einem Vertrag über die „Bereitstellung von kostenlosen und kostenpflichtigen digitalen Inhalten“ ausgegangen wird. 

Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
Entnommen flirtdate18.com am 22.10.2018
Kein Erlöschen des Widerrufsrechts auf Flirt- und Datingportalen der Ideo Labs - Zum Vorliegen eines Vetrages über die Lieferung digitaler Inhalte bei Flirt- und Datingportalen
Entnommen flirtygirls.de am 22.10.2018

Die Inkonsistenz der Vorgehensweise, das Widerrufsrecht einerseits – jedenfalls augenscheinlich – zuzulassen (flirtdate18.com und flirtygirls.de), dieses aber auf anderen, wesensgleichen Portalen (z. B. only-dates.de) zum Erlöschen zu bringen, dürfte im Streitfall jedenfalls erklärungsbedürftig sein.

Ergebnis

Bei den mit der Ideo Labs über die Nutzung ihrer Online-Dating-Portale geschlossenen Verträgen handelt es sich nicht um Verträge über die Lieferung von digitalen Inhalten i. S. v. § 356 Abs. 5 BGB.

Zwar werden die Inhalte auf den Portalen der Ideo Labs in digitaler Form her- und bereitgestellt. Die Her- und Bereitstellung erfolgt jedoch nicht durch die Ideo Labs sondern durch die Nutzer der Portale.

Hauptleistungspflicht der Ideo Labs ist es, die Portale betriebsbereit zu halten, den Nutzern die Möglichkeit zu eröffnen, selbst hergestellte, eigene Inhalte bereitzustellen und mit anderen Nutzern zu kommunizieren. Es handelt sich um eine Vermittlungsdienstleistung.

Ein Erlöschen des Widerrufsrechts dadurch, dass der Verbraucher mit Abschluss des Vertrages über die Nutzung von Online-Dating-Portalen der Ideo Labs bestätigen soll, die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen zu haben und zu wünschen, dass die Ideo Labs sofort nach dem Kauf vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Bereitstellung der digitalen Inhalte beginnt, kommt deshalb nicht in Betracht.