Aldi Talk Prepaid – Unzulässige Werbung mit „Kein Mindestumsatz“ – LG Essen, Urteil v. 30.05.2022, 1 O 314/21

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Für den „Aldi Talk Basis-Prepaid-Tarif“ wurde von der Medion AG mit den Worten „kein Mindestumsatz“ geworben, obwohl Verbraucher Guthaben nachladen mussten, um sich die aktive Nutzungsmöglichkeit zu erhalten und eine Deaktivierung der SIM-Karte zu verhindern. Das Landgericht Essen erachtet diese Werbung als irreführend.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen betreffend Mobilfunkverträge gegenüber Verbrauchern auf der Webseite unter der URL www.alditalk.de für den Tarif „Aldi Talk Basis-Prepaid-Tarif mit der Angabe „Kein Mindestumsatz“ zu werben bzw. werben zu lassen, wenn Verbraucher regelmäßig Guthaben aufladen müssen, um das erworbene Aktivitätszeitfenster, in dem bestehendes Guthaben für Telekommunikationsdienstleistungen genutzt werden kann, zu verlängern, um eine Deaktivierung der SIM-Karte zu verhindern, die eintritt, wenn Verbraucher nach Ablauf des Aktivitätszeitfensters innerhalb der daran anschließenden zweimonatigen Phase der passiven Erreichbarkeit keine Neuaufladung von Guthaben vornehmen, wenn dies geschieht, wie nachfolgend abgebildet.

Aldi Talk Prepaid - Unzulässige Werbung mit "Kein Mindestumsatz" - LG Essen, Urteil v. 30.05.2022, 1 O 314/21

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2022 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich des tenorierten Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.500,00 Euro und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Online-Werbung der Beklagten im Zusammenhang mit einem angebotenen Prepaid-Mobilfunktarif. Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 28 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Er wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz institutionell gefördert und verfolgt gemäß § 2 Abs. 1 seiner Satzung unter anderem den Zweck, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, insbesondere indem er Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften – insbesondere das Unterlassungsklagen-gesetz, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Recht der Allgemeinen Geschäfts-bedingungen – sowie verbraucherrelevante Datenschutzvorschriften, durch geeignete Maßnahmen sowohl national als auch international, unterbindet. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UklaG eingetragen.

Die Beklagte ist ein bekanntes Unternehmen aus dem Bereich der Elektronik mit Sitz in Essen, welches unter anderem Prepaid-Mobilfunktarife unter der Bezeichnung „Alditalk“ anbietet. Auf der Webseite unter der URL https://www.alditalk.de bietet die Beklagte unter anderem den Prepaid-Mobilfunktarif „Basis-Prepaid-Tarif an. Dieser Tarif wird dadurch realisiert, dass Verbraucher ein so genanntes „Starter Set“ erwerben, welches eine Rufnummer, eine SIM-Karte und ein Startguthaben in Höhe von 10,00 Euro enthält. Das „Starter Set“ wird von der Beklagten an mehreren Stellen der Internetpräsenz mit der Äußerung „Kein Mindestumsatz“ beworben. Die Formulierung findet sich auf der Hauptseite mit den Informationen zum Basis-Prepaid-Tarif in einer Übersichtsdarstellung, wo sie innerhalb einer Liste an dritter Stelle dargestellt und durch ein vorangestelltes Häkchen sowie den Fettdruck des einleitenden Wortes „Kein“ hervorgehoben wird. Im unteren Bereich der gleichen Seite zeigt die Beklagte die vier Eigenschaften des Basis-Prepaid-Tarifs, zu denen das Merkmal „Kein Mindestumsatz“ zählt, durch eine Darstellung mittels weißer Schrift auf dunkelblauem Hintergrund und in einem farblich abgegrenzten Bereich (vgl. Abbildungen BI. 4 d.A. bzw. Anlage K1 BI. 17 d.A.). Weiter heißt es dort in dem Beschreibungs-text in oranger Schriftfarbe: „Jederzeit mobil telefonieren und deinen Prepaid Basistarif bei Bedarf anpassen.“ (vgl. Abbildung BI. 7 d.A.).

Nach Abschluss des Tarif-Erwerbs erhalten die Kunden die SIM-Karte, welche dann aktiviert und registriert werden kann. Die Kunden haben anschließend die Möglichkeit, das Startguthaben oder eventuell selbst hinzugebuchtes Guthaben im Basis-Prepaid-Tarif durch Telefonieren und das Schreiben von SMS zu verwenden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Guthaben zur Buchung von Tarif-Optionen wie Flatrates zu verwenden. Unter Ziffer 4. der Leistungsbeschreibung mit Stand Oktober 2020 führt die leistungserbringende E-Plus Service GmbH (im Folgenden und in den eigenen Regelungen „EPS“) unter anderem wie folgt aus:

„4. Guthabenkonto und Aktivitätszeitfenster

4.1 Die ALDI TALK SIM-Karte ist mit einem Startguthaben versehen, welches ein erstes Aktivitätszeitfenster setzt. Die Dauer des ersten Aktivitätszeitfensters kann durch Aufladungen verlängert werden. Maximal kann die Dauer des Aktivitätszeitfensters 24 Monate betragen. Der Kunde kann sein Aktivitätszeitfenster jederzeit in seinem persönlichen Bereich im Online-Kundenportal unter meinalditalk.de einsehen.

[…]

4.3 Innerhalb des Aktivitätszeitfensters kann der Kunde abgehende und eingehende Verbindungen führen. Endet das Aktivitätszeitfenster, schließt sich eine zweimonatige Phase der passiven Erreichbarkeit an. In dieser Phase kann der Kunde nur Sprachverbindungen empfangen. Mit dem Ende der zweimonatigen Phase der passiven Erreichbarkeit wird die ALDI TALK SIM-Karte endgültig deaktiviert und das Vertragsverhältnis zwischen EPS und dem Kunden endet.

4.4 Während der Phase der passiven Erreichbarkeit kann der Kunde eine Aufladung seines Guthabenskontos durchführen, die den Beginn eines neuen Aktivitätszeitfensters auslöst.

Aldi Talk Prepaid - Unzulässige Werbung mit "Kein Mindestumsatz" - LG Essen, Urteil v. 30.05.2022, 1 O 314/21

Unter den Ziffer 6 und 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Stand Oktober 2020 finden sich folgende Passagen:

„6. Abrechnung, Vorleistungspflicht des Kunden, Aufladungen des Guthabenkontos

[…]

6.2 Die Leistungen sind vom Kunden vorauszuzahlen; der Kunde ist somit vorleistungspflichtig. Er kann daher die Leistungen des Mobilfunkvertrags und der ggf. gebuchten Zusatzdienstleistungen sowie ggf. gebuchte Leistungen Dritter nur nutzen, wenn ein hinreichendes Guthaben auf dem durch EPS im Rahmen seines Vertrags über die SIM-Karte eingerichteten individuellen Guthabenkontos vorhanden ist.

[…]

6.6 EPS ermöglicht dem Kunden, den Kontostand des Guthabenkontos abzufragen. Es erfolgt eine tagesgenaue Abrechnung. Die Angabe des Guthabenkontostandes ist unverbindlich und begründet keinen selbständigen Anspruch des Kunden auf EPS-Leistungen in entsprechender Höhe. Ein bei Beendigung des Vertrages positiver Saldo auf dem Guthabenkonto wird auf Antrag (in Textform) des Kunden auf ein von ihm zu benennendes Bankkonto ausgezahlt. Bonusguthaben, die ohne eine Gegenleistung des Kunden von EPS dem Guthabenkonto gutgeschrieben wurden, sind nicht auszahlbar.“

[…]

„7. Vertragslaufzeit / Kündigung / Aktivitätszeitfenster

[…]

7.4 Innerhalb des sogenannten Aktivitätszeitfensters kann der Kunde abgehende Verbindungen führen. Die Dauer des Aktivitätszeitfensters ist abhängig von der Höhe des Aufladebetrages und ist der entsprechenden Leistungsbeschreibung zu entnehmen. Das Aktivitätszeitfenster verlängert sich jeweils durch weitere Aufladungen. Maximal kann die Dauer des Aktivitätszeitfensters 24 Monate betragen.

7.5 Endet das Aktivitätszeitfenster schließt sich eine zwei monatige Phase der passiven Erreichbarkeit an. In dieser Phase kann der Kunde nur Verbindungen empfangen. Mit dem Ende der zwei monatigen Phase der passiven Erreichbarkeit wird die SIM-Karte endgültig deaktiviert und das Vertragsverhältnis zwischen EPS und dem Kunden endet.

7.6 Während der Phase der passiven Erreichbarkeit kann der Kunde eine Aufladung seines Guthabenkontos durchführen, die den Beginn eines neuen Aktivitätszeitfensters auslöst.“

(vgl. hierzu „Aldi Talk Leistungsbeschreibung & AGB“, BI. 51 ff. d.A.)

Einen über diese Geschäftsbedingungen hinausgehenden Hinweis auf die zeitlich begrenzte Verwendbarkeit gebuchten Guthabens (Aktivitätszeitraum) erteilt die Beklagte auf der Webseite des Tarifs nicht.

Der Kläger mahnte die Beklagte betreffs der als irreführend gerügten Werbung mit Schreiben vom 30.06.2021 (vgl. BI. 61 ff. d.A.) ab und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 20.07.2021 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und – unter weiterer Fristsetzung – zur Zahlung von Aufwendungsersatz auf. Die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers mit E-Mail vom 16.07.2021 sowie mit Schreiben vom 20.08.2021 zurück (vgl. BI. 72 ff. d.A.).

Der Kläger ist der Auffassung, die Äußerung „Kein Mindestumsatz“, mit der die Beklagte für einen Prepaid-Mobilfunktarif wirbt, sei unzulässig, weil die aktive Nutzbarkeit des Tarifs sowie die Verhinderung einer SIM-Karten-Deaktivierung den regelmäßigen Erwerb von Guthaben erforderten. Das Merkmal „Kein Mindestumsatz“ stelle eine wesentliche Eigenschaft der Dienstleistung dar. Die Äußerung sei irreführend, da unzutreffend. Durchschnittliche Verbraucher würden die Formulierung „Kein Mindestumsatz“ so verstehen, dass die SIM-Karte dauerhaft genutzt werden könne, ohne regelmäßig neues Guthaben hinzubuchen zu müssen. Das Modell der Aktivitätszeitfenster führe – jedenfalls mittelbar – zu einem Mindestumsatz, da eine Deaktivierung der SIM-Karte nur durch kontinuierliches Hinzufügen von Guthaben verhindert werden könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen betreffend Mobilfunkverträge gegenüber Verbrauchern

auf der Webseite unter der URL www.alditalk.de für den Tarif „Aldi Talk Basis-Prepaid-Tarif“ mit der Angabe „Kein Mindestumsatz“ zu werben bzw. werben zu lassen,

wenn Verbraucher regelmäßig Guthaben aufladen müssen, um das erworbene Aktivitätszeitfenster, in dem bestehendes Guthaben für Telekommunikationsdienstleistungen genutzt werden kann, zu verlängern und eine Deaktivierung der SIM-Karte zu verhindern, die eintritt, wenn Verbraucher nach Ablauf des Aktivitätszeitfensters innerhalb der daran anschließenden zweimonatigen Phase der passiven Erreichbarkeit keine Neuaufladung von Guthaben vornehmen,

wenn dies geschieht, wie in der Anlage K1 abgebildet,

2. an den Kläger 260,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Angabe „Kein Mindestumsatz“ sei weder unwahr, noch irreführend. Der durchschnittliche Verbraucher verstehe die Angabe „Kein Mindestumsatz“ dahingehend, dass er nur für die verbrauchten Einheiten Zahlungen an den Mobilfunkbetreiber leisten und nicht unabhängig von seinem tatsächlichen Verbrauch einen monatlichen Mindestbetrag zahlen müsse.

Über die Vertragslaufzeit treffe dieser Ausspruch keine Aussage, verspreche insbesondere keine unbegrenzte Vertragslaufzeit. Auswirkungen auf die Frage des Mindestumsatzes habe die Vertragslaufzeit bzw. deren Beendigung nur dann, wenn bei Vertragsbeendigung noch bestehendes Guthaben verfallen würde, was hier nicht der Fall sei.

Im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

Die Klage ist am 04.03.2022 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die gerügte Werbung ist wettbewerbswidrig. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.

Wer eine nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, § 8 Abs. 1 S. 1 UWG.

Nach § 5 UWG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer über geschäftliche Verhältnisse Angaben macht, die geeignet sind, den Umworbenen irrezuführen. Es reichen demnach Angaben, die in irgendeiner Weise – einschließlich ihrer Aufmachung – die Personen, an die sie sich richten oder die von ihr erreicht werden, täuschen oder zu täuschen geeignet sind. Dabei ist bei der Frage, in welchem Sinn eine Werbeaussage zu verstehen ist, von dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbraucher auszugehen (vgl. nur LG Hamburg, Urteil vom 07. April 2022 – 312 O 71/20-, Rn. 82, juris m.w.N.).

Gemessen hieran ist die Bewerbung des streitgegenständlichen Pre-Paid-Mobilfunktarifes mit dem Schriftzug „Kein Mindestumsatz“ irreführend, da relevante Anteile des Verkehrs auf Grundlage dieser Werbeaussage von einem Vertragsinhalt ausgehen werden, der sich von dem seitens der Beklagten formulierten Vertragswerk zu ihren Lasten unterscheidet und hieraus eine relevante Beeinflussung entsteht.

1. Der Kläger ist zunächst aktivlegitimiert. Die Ansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG stehen nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG unter anderem den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des UKlaG eingetragen sind, zu. Der hiesige Kläger findet sich auf Nr. 63 dieser Liste (vgl. Liste unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Verbraucherschutz/Liste_qualifizierter_Einrichtungen.html) und ist mithin als qualifizierte Einrichtung aktivlegitimiert.

2. Es liegt ferner eine geschäftliche Handlung der Beklagten vor. Eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen. Marktbezogen ist jedes Verhalten, mit dem auf das

Wettbewerbsgeschehen eingewirkt wird und das mit der Förderung eines beliebigen auch fremden – Geschäftszwecks zusammenhängt. Dient eine Handlung der Absatzförderung allein mittelbar, genügt dies für das Vorliegen von Marktbezug (z.B. Imagewerbung, Verschenken von Ware). Nicht erfasst werden nur Handlungen, denen eben dieser Marktbezug gänzlich fehlt. Letzteres ist beispielsweise bei rein privatem, rein betriebsinternem oder rein gesellschaftspolitischem Handeln der Fall (vgl. Ernst in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., §2 UWG (Stand: 15.01.2021), Rn. 9 ff.).

Im konkreten Fall fußt der klägerische Vorwurf auf einer – zum Entscheidungszeitpunkt weiterhin abrufbaren, vgl. https://www.alditalk.de/basis-prepaid-tarif-sim-karte – Online-Werbung der Beklagten für ihre Prepaid-Mobilfunktarife mit dem Schriftzug „Kein Mindestumsatz“. Es bestehen insoweit keine Bedenken, dass es sich um ein marktbezogenes Vorgehen zur Absatzförderung hinsichtlich der angepriesenen Prepaid-Tarife handelt.

3. Diese geschäftliche Handlung ist auch unzulässig. Nach § 3 UWG sind geschäftliche Handlungen unzulässig, die unlauter sind. Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Verbraucher bilden vorliegend den relevanten und von § 5 UWG geschützten und Adressatenkreis (vgl. Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 74 bzw. § 3 Abs. 4 UWG).

Im konkreten Fall hat die Beklagte mit dem Ausspruch „Kein Mindestumsatz“ für den Verbraucher irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG geworben. Nach § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er

andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist hiernach unter anderem dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen enthält. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Es liegen in der geschäftlichen Handlung der Beklagten zunächst Angaben im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 UWG vor. Eine Irreführung i.S.v. §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-3 DWG setzt Angaben voraus, die unklar, täuschend oder unrichtig sind. Dabei kommt dem Begriff der Angaben die Bedeutung zu, Tatsachen von sonstigen für die Irreführung unbeachtlichen Äußerungen abzugrenzen. Voraussetzung einer irreführenden Werbung ist im Regelfall das Vorliegen entsprechender (irreführender) Angaben. Dabei besteht Einigkeit, dass Tatsachenbehauptungen stets als Angaben anzusehen sind und reklamehafte Übertreibung oder reine Werturteile (ohne Tatsachenkern) keine Angaben sind. Im Bereich der Meinungsäußerung hat eine Abgrenzung vom reinen Werturteil und darüber hinaus eine Interessenabwägung zwischen der Einschränkung möglicher Grundrechte des Werbenden zu erfolgen (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 104).

Vorliegend handelt es sich um Tatsachenbehauptungen und damit Angaben im vorgenannten Sinne. Tatsachenbehauptungen sind nachprüfbare Behauptungen. Eindeutig ist dies in Fällen technischer Angaben, wirtschaftlicher Daten, zahlenmäßiger Produktinhaltsangaben bei Preisangaben, Mengenangaben und Ähnlichem. Beispiele aus der Rechtsprechung sind unter anderem Aussagen wie „Direkt ab Werk“, „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“, „lebenslange Garantie“, „fettfrei“, „Front- oder Allradantrieb“ oder „Tiefpreisgarantie“. Ausreichend ist danach eine einen konkreten Tatsachenkern aufweisende Aussage (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 105 f. m.w.N.). Unter diese Definition ist auch der Ausspruch „Kein Mindestumsatz“ zu subsumieren. Es handelt sich um eine in Bezug auf den angepriesenen Prepaid-Mobilfunktarif abgegebene Produktbeschreibung, welche in ihrer Kernaussage anhand der vertraglichen Regelungen tatsächlich überprüft werden kann. Sie weist insbesondere auch eine Vergleichbarkeit zu den in der Rechtsprechung anerkannten Begrifflichkeiten wie beispielsweise „lebenslange Garantie“ oder „fettfrei“ auf.

Es handelt sich insbesondere nicht um ein Werturteil, eine Meinungsäußerung oder eine bloße Rechtsansicht. Es fehlt hierfür an einem wertenden Faktor des Ausspruchs und es besteht auch keine Vergleichbarkeit zu seitens des BGH als nicht zu beanstandende Rechtsansicht gewerteten Aussagen wie beispielsweise „können allgemeine Versorgungsbedingungen durch öffentliche Bekanntgabe wirksam geändert werden“ oder „Inkassokosten, die Sie nach §§ … BGB zu tragen haben“ (vgl. Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., §5 DWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 113). Es liegt dem gegenüber – wie bereits dargestellt – eine anhand der vertraglichen Regelungen überprüfbare Behauptung vor. Dass diese bzw. ihr Wahrheitsgehalt umstritten und gegebenenfalls verschiedenen Auslegungen zugänglich sind, steht dem nicht entgegen, sondern ist vielmehr Kern der Regelung des § 5 Abs. 1 UWG.

b) Diese Angaben verhalten sich auch zu wesentlichen Merkmalen im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.

§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG setzt voraus, dass es sich um Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung handelt. Es folgt ein nicht abschließender (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5 Rn. 2.1) Beispielkatalog, welcher Merkmale wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen enthält.

Die hier diskutierte Frage eines etwaigen „Mindestumsatzes“ und damit verbunden der Umstand, ob und ggf. in welchem Umfang und in welcher Regelmäßigkeit es einer Guthabenaufladung, mithin einer Zahlung bedarf, stellt ein wesentliches Merkmal der angebotenen Telekommunikationsdienstleistung bzw. des beworbenen Vertragsmodells dar.

Den Ausführungen des Klägers ist insoweit beizutreten, wenn er die Relevanz des „Mindestumsatzes“ im Hinblick auf das vorhandene Aktivitätsfenster und die damit einhergehende Bedeutung für die Vertragslaufzeit und insbesondere den Leistungsumfang in Form der Möglichkeit, angerufen zu werden, herausstellt. Diese Umstände sind als wesentliche Merkmale der angepriesenen Dienstleistung zu qualifizieren. Dies gilt bereits aufgrund offensichtlichen Zusammenhangs mit der Vergütungsstruktur des Vertrages.

c) Ferner liegt eine Irreführung tm Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG vor. Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht. Eine Irreführung liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. beispielhaft BGH, Urteil vom 07.April 2022 – I ZR 217/20 Rn. 12, juris).

(1) Es kommt hierfür zunächst darauf an, wie der relevante Verkehrskreis zu definieren ist und wie dieser die gerügte Aussage versteht. Die Werbung der Beklagten für die von ihr angebotenen Mobilfunktarife richtet sich an den regelmäßig privaten Verbraucher. Für die Frage, wie eine Werbung verstanden wird, ist hier gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG (und der entsprechenden Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 07. April 2005- I ZR 314/02-, Rn. 15, juris m.w.N.) auf die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen, der zur angesprochenen Gruppe gehört. Gehören die Mitglieder des Gerichts selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigen-gutachtens, um das Verkehrsverständnis zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 07. April 2022 – I ZR 217/20 -, Rn. 20, juris m.w.N.). Die angesprochene Verbrauchergruppe kann im konkreten Fall darüber hinaus weiter eingegrenzt werden. So richten sich Tarif-Angebote wie das hier streitgegenständliche Prepaid-Angebot der Beklagten augenscheinlich primär an Kunden, die von Pauschal-Verträgen mit Grundgebühren absehen und keine feste Vertragsbindung mit wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen wünschen. Dies sind in der Regel kostenempfindliche Verbraucher, die nur einen überschaubaren Geldbetrag für den Mobilfunk ausgeben wollen. Ihr Nutzungsverhalten sich derart beschränkt, dass eine lediglich verbrauchsabhängige Abrechnung finanziell vorzugswürdig erscheint. Diese Verbrauchergruppe wird durch die Bezeichnung des Tarifs als „Basis-Prepaid-Tarif“ und durch das besonders günstige Verhältnis zwischen dem Preis für das „Starter-Set“ von 4,99 Euro und dem Startguthaben von 10 Euro gezielt angesprochen werden. Es handelt sich insoweit um Kunden, die jedenfalls die vereinbarten aktiven, kostenpflichtigen Funktionen (anrufen, SMS versenden u.Ä.) in lediglich geringem Umfang nutzen wollen, und denen im Übrigen insbesondere eine generelle Erreichbarkeit und Notfallkontaktmöglichkeit wichtig ist.

Da nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG eine Täuschungseignung ausreicht, muss nur eine Irreführungsgefahr vorliegen. Die Fehlvorstellung muss also nicht schon eingetreten sein. Irreführend i.S.v. § 5 UWG ist eine durch irreführende Angaben in der Werbung hervorgerufene Fehlvorstellung und somit ein Auseinanderfallen von Vorstellung und Realität bei den durch die Angabe angesprochenen Verkehrskreisen (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 121).

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte führe den Verbraucher durch die Werbung mit der Formulierung „Kein Mindestumsatz“ über wesentliche Merkmale ihrer Dienstleistung irre. Die Äußerungen seien geeignet, bei Verbrauchern den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, nach Erwerb des Starter-Sets und bei vorhandenem Guthaben keine weiteren Umsätze in Form von Guthabenerwerb vornehmen zu müssen, um die Leistungen vollständig und unbefristet in Anspruch nehmen zu können. Er meint im Einzelnen, die Äußerung „Kein Mindestumsatz“ sei irreführend, da unzutreffend. Durchschnittliche Verbraucher würden die Formulierung „Kein Mindestumsatz“ so verstehen, dass die SIM-Karte dauerhaft genutzt werden könne, ohne regelmäßig neues Guthaben hinzubuchen zu müssen. Durch die werbende Äußerung „kein Mindestumsatz“ werde aber der gegenteilige Eindruck erweckt, nämlich, dass die SIM-Karte dauerhaft zum Einsatz zur Verfügung stehe, ohne dass dies an weitere Voraussetzungen geknüpft wäre. Aus Sicht des Verbrauchers mache es keinen Unterschied, ob dieser gezwungen sei, die SIM-Karte regelmäßig unter Verwendung des vorhandenen Guthabens für entgeltliche Telekommunikations-leistungen nutzen zu müssen oder – nutzungsunabhängig – Guthaben nachbuchen zu müssen, um eine Deaktivierung der SIM-Karte zu verhindern. Durch die werbende Äußerung „Kein Mindestumsatz“ werde aber der gegenteilige Eindruck erweckt, nämlich, dass die SIM-Karte dauerhaft zum Einsatz zur Verfügung stehe, ohne dass dies an weitere Voraussetzungen geknüpft wäre.

Der Kläger sieht das Verständnis des Verbrauchers dahingehend, dass der Begriff des Umsatzes für den Verbraucher jede Aufwendung umfasse, die er anlässlich des Schuldverhältnisses an den Vertragspartner erbringen müsse. Aus Verbrauchersicht sei es unerheblich, ob er die Aufwendung unmittelbar für die Inanspruchnahme einer Telekommunikationsdienstleistung oder aber für die Eröffnung eines Aktivitätszeitfensters, ohne das er die versprochenen Leistungen nicht vollumfänglich nutzen kann und sein Vertrag der sicheren Beendigung entgegengeht, tätigen müsse. Von Bedeutung sei, dass der Verbraucher „Geld in die Hand nehmen“ müsse. Genau das Gegenteil werde ihm durch die Formulierung „Kein Mindestumsatz“ suggeriert.

Die Beklagte tritt dem entgegen. Bei dem Vertrag handele es sich um ein unbefristetes Dienstverhältnis, welches von beiden Seiten jederzeit gekündigt werden könne. Die Verbrauchererwartung könne deshalb auch nicht dahin gehen, dass er vom Anbieter unbefristet und dauerhaft eine unentgeltliche Leistung fordern könne. Sie meint, dass der durchschnittliche Verbraucher die Angabe „Kein Mindestumsatz“ dahingehend verstehe, dass er nur für die verbrauchten Einheiten Zahlungen an den Mobilfunkbetreiber leisten muss und nicht unabhängig von seinem tatsächlichen Verbrauch einen monatlichen Mindestbetrag leisten muss.

Die Kammer stellt das das Verständnis des hier relevanten Verkehrskreises wie folgt fest:

Der Ausspruch „Kein Mindestumsatz“ suggeriert für den allgemein verständigen Verbraucher, aber insbesondere auch für den hier spezifisch angesprochenen Verbraucherkreis, dass es grundsätzlich keiner regelmäßigen Zahlungen zum Erhalt jedenfalls der passiven Nutzungsmöglichkeiten der Mobilfunkkarte bedarf. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Vertrag nach Ziff. 7.1 auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Dass vertraglich ein sog. Aktivitätszeitfenster festgeschrieben wird, nach dessen Ablauf sich eine passive Phase anschließt, nach deren Ende wiederum das Vertragsverhältnis endet, kann hierauf keinen Einfluss haben. Diese Art von Regelung mag zwar im Prepaid-Bereich der Mobilfunkanbieter üblich und als Vereinbarung im Rahmen von AGB zulässig sein, begründet jedoch nicht die Annahme, der die streitgegenständliche Werbung konsumierende Verbraucher werde den Begriff fehlenden Mindestumsatzes stets vor dem Hintergrund eines durch Zahlungen aufrecht zu erhaltenden Aktivitätszeitfensters verstehen.

Der durchschnittliche, verständige angesprochene Verbraucher liest den angegriffenen Passus so, dass er auch ohne monatliche Zahlungen, mithin ohne Mindestumsatz, Vertragspartner der Beklagten bleibt und jedenfalls die passiven Leistungen der Beklagten wird in Anspruch nehmen können. Insoweit bedarf es einer Abgrenzung zwischen dem hier streitgegenständlichen Werbesatz „Kein Mindestumsatz“ und dem ebenfalls durch die Beklagte verwendeten Ausspruch „Keine Grundgebühr“. Letzterer suggeriert dem Verbraucher, dass er nach Verbrauch bezahlt und nicht pauschal monatlich. Diesen Aussagegehalt scheint die Beklagte jedoch auch der zusätzlichen Werbezeile „Kein Mindestumsatz“ beizumessen. Gerade in der Gegenüberstellung der beiden Aussagen zeigt sich jedoch der Unterschied. Über das Fehlen einer Grundgebühr hinaus beschreibet der fehlende Mindestumsatz für den Verbraucher, dass er zusätzlich auch tatsächlich nichts verbrauchen bzw. „umsetzen“ muss, um die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, jedenfalls in Form passiver Erreichbarkeit, fortlaufend in Anspruch nehmen zu können.

Hinsichtlich der Argumentation der Beklagten ist festzuhalten, dass diese den „Mindestumsatz“ ebenfalls so verstanden sieht, dass der Verbraucher meint, lediglich für verbrauchte Einheiten Zahlungen leisten zu müssen und nicht unabhängig von seinem tatsächlichen Verbrauch einen monatlichen Mindestbetrag. Dies steht der obigen Argumentation nicht entgegen. Soweit die Beklagte ohne konkrete Trennung zwischen Verbraucherauffassung und tatsächlichen Verhältnissen eine Definition des Begriffs „Mindestumsatz“ dahingehend einfordert, dass hiermit nur der Verbrauch von Guthaben und nicht die Einzahlung desselben gemeint ist und auch entsprechend verstanden wird, kann die Kammer dem nicht folgen.

Aus Sicht eines Verbrauchers stellt sich auch die eigene Einzahlung auf das eigene „Konto“ bei der Beklagten als „Umsatz“ dar. Denn für den Verbraucher, der sicherlich in seiner hier relevanten Vorstellung nicht an eine etwaige betriebswirtschaftliche Umsatzdefinition gebunden ist, steht die eigene Transaktion an die Beklagte im Vordergrund, jedenfalls auf einer Stufe mit dem „Verbrauch“ bereits eingezahlten Guthabens. Es ist insoweit der klägerischen Argumentation beizutreten, dass es für den Verbraucher darauf ankommt, ob „Geld fließt“, sei es zunächst von ihm auf sein „Konto“ bei der Beklagten oder sodann von diesem „Konto“ ab aufgrund der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen.

(2) Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die erweckte Vorstellung mit den wirklichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Es liegt eine Irreführung im engeren Sinne in Form einer Diskrepanz zwischen der relevanten Verkehrsauffassung und den tatsächlichen Gegebenheiten vor (vgl. zur Irreführung im engeren Sinne Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5 Rn. 1.63).

Bei der Beurteilung, ob eine Angabe irreführend ist, kommt es auf den Gesamteindruck an, den die werbliche Darstellung vermittelt. Sie ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Nicht Einzelteile der Werbung sind isoliert auf ihre Irreführung hin zu untersuchen, sondern es ist stets der werbliche Zusammenhang zu würdigen, in dem diese Aussage steht. Bei der Angabe kommt es nicht darauf an, wie der Handelnde, sondern wie die angesprochenen Verkehrskreise die Angaben verstehen; maßgeblich ist mithin der Empfängerhorizont. Unklare und mehrdeutige Angaben gehen daher stets zu Lasten des Werbenden. Eine unrichtige Angabe ist im Regelfall wettbewerbswidrig. Davon ist auszugehen, wenn Angabe und Wirklichkeit in einem für die Aussage zentralen Punkt objektiv voneinander abweichen und dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Fehlvorstellung hervorrufen. Neben den unwahren Aussagen legen auch mehrdeutige, unklare, widersprüchliche und Unvollständige Angaben eine Irreführungsgefahr nahe (vgl. Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 155 ff. m.w.N.).

Der Kläger ist der Auffassung, es liege – entgegen der dahingehenden Aussage und des entsprechenden Verbraucherverständnisses – ein Mindestumsatz vor. Das Modell der Aktivitätszeitfenster führe – jedenfalls mittelbar – zu einem Mindestumsatz, da eine Deaktivierung der SIM-Karte nur durch kontinuierliches Hinzufügen von Guthaben verhindert werden könne. Zwar stünde es dem Verbraucher frei, Guthaben anzuhäufen, für das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch kein Verfall vorgesehen wäre. Spätestens mit Erreichen des in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Maximalguthabens von 200,00 Euro wäre der Verbraucher aber gezwungen, Guthaben für Telekommunikationsdienste zu verwenden, um dann neues Guthaben aufladen und so das Aktivitätszeitfenster verlängern zu können. Die Notwendigkeit, kontinuierlich Guthaben aufladen und dafür gegebenenfalls (bei Erreichen der 200-Euro-Grenze) zuvor bestehendes Guthaben verbrauchen zu müssen, bedeute einen Mindestumsatz.

Im Einzelnen müsse der Verbraucher sowohl für passive, als auch aktive Vertragsnutzung unmittelbar nach Ablauf des ersten Aktivitätszeitfensters, also nach 12 Monaten, für mindestens 5,00 Euro Guthaben erwerben, um sich das kleinstmögliche neue Aktivitätszeitfenster von 4 Monaten freizuschalten. Die Notwendigkeit einer weiteren Zahlung in Höhe von wenigstens 5,00 Euro für ein weiteres Aktivitäts-zeitfenster von 4 Monaten bestehe sodann fortwährend, jeweils zum Ablauf von 4 Monaten. Entsprechendes gelte für den Fall, dass der Verbraucher lediglich eine telefonische Erreichbarkeit sicherstellen wolle und somit die sich an das erste Aktivitätszeitfenster anschließende passive Phase von 2 Monaten in Kauf nehme.

Um eine Deaktivierung der SIM-Karte zu verhindern, ergebe sich nach Ablauf des ersten Aktivitäts-zeitfensters von 12 Monaten und der folgenden passiven Phase von 2 Monaten das Erfordernis einer Verlängerung des Aktivitätszeitfensters um wenigstens 4 Monate durch Guthaben-aufladung in Höhe von mindestens 5,00 Euro jeweils zum Ablauf von 6 Monaten. Zum Erhalt seiner Möglichkeit, abgehende Telefonate führen zu können, müsse der Verbraucher nach Ablauf des ersten Aktivitätszeitfensters von 12 Monaten also mindestens alle 4 Monate 5,00 Euro investieren. Wolle er nur erreichbar sein, betrage der geschuldete Mindestaufladebetrag 5,00 Euro alle 6 Monate. Hinzu komme, dass ab Erreichen eines Guthabens in Höhe von 200,00 Euro kein weiteres Guthaben nachgeladen werden könne. Um aktiv Telefonate führen zu können bzw. erreichbar zu sein, müsse der Verbraucher mindestens 5,00 Euro seines Guthabens verbrauchen (i. S. v. „Vertelefonieren“), um durch eine weitere Aufladung von Guthaben in Höhe von mindestens 5,00 Euro ein weiteres Aktivitätszeitfenster von 4 Monaten zu eröffnen.

Vor diesem Hintergrund sei die Äußerung „Kein Mindestumsatz“ geeignet, bei Verbrauchern den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, nach Erwerb des Starter-Sets und bei vorhandenem Guthaben keine weiteren Umsätze in Form von Guthabenerwerb vornehmen zu müssen, um die Leistungen vollständig und unbefristet in Anspruch nehmen zu können.

Dieser Würdigung schließt sich die Kammer in jeder Hinsicht an.

Es liegt im hiesigen Fall ein Mindestumsatz vor. Der Kunde muss auf sein „Konto“, wenn auch nicht regelmäßig, verbrauchsunabhängig einzahlen bzw. dieses „aufladen“, um die begehrte Gegenleistung zu erhalten. Hierin liegt eine den Irreführungstatbestand erfüllende Abweichung der tatsächlichen Regelung von dem Verständnis des Verbrauchers hinsichtlich der Werbeaussage „Kein Mindestumsatz“. Diese verbrauchsunabhängige Zahlungspflicht und damit der „Mindestumsatz“ (wenn auch nicht monatlich) zeigt sich in zwei Fällen. Zum einen ist zur fortwährenden Nutzung der vertraglichen Leistungen – auch zur lediglich passiven Nutzung – der initiale Aktivitätszeitraum von 12 Monaten zu verlängern. Dies erfolgt durch Zahlungen in Höhe von mindestens 5,00 Euro, welche sodann je zu einer Verlängerung entsprechend der oben dargestellten Tabelle führen. Will der Nutzer also nicht nach 14 Monaten seine passive Erreichbarkeit und schlussendlich seine Rufnummer verlieren, muss er jedenfalls 5,00 Euro einzahlen und diese Praxis fortsetzen. Zum anderen gibt es sowohl ein Einzahlungsmaximum von 200,00 Euro, als auch ein maximales Aktivitätszeitfenster von 24 Monaten. Erreicht der Nutzer also das maximale Guthaben und lässt das sodann bestehende Aktivitätszeitfenster (mindestens 4 Monate, maximal 24 Monate, je nach Höhe der letzten Einzahlung) verstreichen, endet wiederum das Aktivitätszeitfenster und zwei Monate später auch die passive Erreichbarkeit. Will der Nutzer dies vermeiden, so kann er nicht „einfach“ einzahlen, da das Guthabenkonto „voll“ ist. Er ist vielmehr gezwungen, Guthaben zu verbrauchen, um jedenfalls den ausgewiesenen Mindestbetrag für eine Verlängerung des Aktivitätszeitfensters von 5,00 Euro erneut einzahlen zu können. Hierin liegt ein erzwungener Umsatz für den (dauerhaften) Erhalt der Gegenleistung und damit ein Mindestumsatz. Dass dieser nicht in gleichbleibender Höhe und gleichmäßig regelmäßig oder gar monatlich zu erfolgen hat, steht dem nicht entgegen. Schließlich wirbt die Beklagte nicht derart differenziert, sondern mit der umfassenden, pauschalen Werbeaussage „kein Mindestumsatz“.

Die Beklagte führt hiergegen an, die Verpflichtung zur Aufladung von Guthaben stelle keinen Mindestumsatz dar. Umsatz finde erst statt, wenn der Kunde tatsächlich telefoniere und damit Guthaben verbrauche. Da das Guthaben nicht verfalle, liege keine Benachteiligung der Verbraucher vor. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23.08.2006 (12 O 458/05) meint sie, dass ein

Mindestumsatz nicht vorliege, wenn das Guthaben nach Deaktivierung der SIM-Karte nicht verfalle, sondern herausverlangt werden könne. Dies ist auch im hiesigen Verfall vertraglich so vorgesehen.

Das LG Düsseldorf erklärte in der zitierten Entscheidung die folgenden AGB-Klauseln für ungültig:

„Eine Vorauszahlung bewirkt eine befristete Gültigkeit der Vodafone-Karte und des vorausgezahlten Betrages“

„Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer wird die Vodafone-Karte zur Nutzung gesperrt, d.h. die Zugangsberechtigung zu VF D2-Diensten vollständig und endgültig unterbrochen (permanente Deaktivierung). Ein evtl. noch vorhandenes Restguthaben verfällt und kann vom Kunden nicht wieder nutzbar gemacht werden.“

Die Klauseln benachteiligen – so das LG Düsseldorf – den Verbraucher unangemessen, weil gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen der §§ 194 ff. BGB, von denen abgewichen werde, verstoßen werde. Denn für schuldrechtliche Verträge seien die Ausschlussfristen im Allgemeinen ausschließlich in den §§ 194 ff. BGB verankert; weitere von der Verjährung unabhängige Verfallsregeln seien nicht vorgesehen. Das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung werde entgegen der gesetzgeberischen Konzeption weitgehend eingeschränkt, betrachte man neben dem Verfall des Guthabens an sich zudem die Dauer der Verfallsfristen von max. 15 Monaten und die unbegrenzte Höhe des verfallbaren Guthabens. Der mögliche Verfall des Guthabens führe indirekt zu einer Mindestumsatzverpflichtung, die der Verbraucher angesichts der Werbung für das Produkt gerade meint umgehen zu können. Die Beklagte bewerbe ihr Produkt dort mit den Schlagworten „ohne Vertragsbindung”, „kein monatlicher Basispreis”, „keine Mindestlaufzeit”; „einfach aufladen und abtelefonieren bei voller Kostenkontrolle’’. Bereits dieser Umstand führe zu einer deutlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Zudem sei der zu verfallende Betrag insbesondere nicht der Höhe nach begrenzt (LG Düsseldorf, Urteil vom 23. August 2006 – 12 0 458/05 Rn. 21, 22, juris, Hervorhebung durch die Kammer).

Hieraus entnimmt die Beklagte die Aussage, dass aufgrund nachvertraglichen Guthabenverfalls ein Mindestumsatz vorliege und wiederum hieraus den Umkehrschluss, dass im hiesigen Fall, in dem ausweislich der vertraglichen Regelung unter Ziff. 6.6 der AGB ein positiver Saldo auf Antrag ausgezahlt werde, gerade kein solcher Mindestumsatz vorliege.

Diese Schlussfolgerung teilt die Kammer nicht. Zunächst verhält sich die zitterte Entscheidung des LG Düsseldorf zu einem gänzlich anderen Beurteilungsmaßstab. Das LG Düsseldorf hatte sich nicht – wie die Kammer im hiesigen Fall – mit einer Abweichung zwischen dem Aussageverständnis eines Verbrauchers und dem tatsächlichen Regelungsgehalt des zu prüfenden Vertragswerkes auseinanderzusetzen. Vielmehr war eine Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzunehmen. Im Rahmen dessen getroffene Aussagen zur Frage eines Mindestumsatzes können nicht als im hiesigen Fall relevante Definition herangezogen werden. Jedenfalls ergibt sich nach Rechtsauffassung der Kammer kein zwingender Umkehrschluss dahingehend, dass entsprechende Prepaid-Verträge ohne Verfallsklausel für Restguthaben – trotz Aktivitätszeitfenster – keinen Mindestumsatz regeln. Mit der Frage, ob auch abseits der seitens des LG Düsseldorf zu prüfenden Klauseln ein solcher Mindestumsatz gegeben ist, musste sich die dortige Kammer nicht befassen, da der Prüfungsumfang auf die angegriffenen Klauseln begrenzt war.

Überdies hält der Kläger der Auslegung der Beklagten zurecht entgegen, dass ein Anspruch auf Auszahlung von Restguthaben frühestens nach Deaktivierung der SIM-Karte und Beendigung des Vertrages entsteht. Er führt erläuternd aus, dass zu diesem Zeitpunkt der Mindestumsatz aber bereits erfolgt sei. Die durch die irreführende Angabe „Kein Mindestumsatz“ verursachte geschäftliche Entscheidung, nämlich der Erwerb des Tarifs, sei vollzogen und die Irreführung vollendet. Daran ändere auch ein Anspruch auf Auszahlung von Restguthaben nichts. Ein einmal erzeugter Umsatz entfalle durch einen Anspruch auf Auszahlung von Restguthaben nach Deaktivierung der SIM-Karte nicht rückwirkend. Das Vorliegen einer Mindestumsatzverpflichtung ergebe sich deshalb unabhängig von der vom Landgericht Düsseldorf entschiedenen Frage, ob eine Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung durch einen Verfall von Guthaben vorliege.

Dieser Argumentation tritt die Kammer bei.

Schließlich kann hinsichtlich der bereits im Rahmen der Bewertung des Verbraucherverständnisses geführten Diskussion darüber, wie sich der Begriff des Umsatzes definiert, an dieser Stelle auch exemplarisch auf § 1 UStG zurückgegriffen werden. Dort wird als steuerbarer Umsatz insbesondere die sonstige Leistung gegen Entgelt angeführt, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG. Jedenfalls bei dem jeweiligen Anbieter verbleibendes Restguthaben hat der BFH bereits als nachträgliches Entgelt für die eröffnete Nutzung der von ihm zur Verfügung gestellten Infrastruktur, die insbesondere die mobile Erreichbarkeit der Prepaid-Kunden ermöglicht, qualifiziert (vgl. BFH, Urteil vom 10. April 2019- XI R 4/17-, BFHE 264, 382, BStBl II 2019,635). Nach Rechtsauffassung der Kammer spricht dies dafür, dass bereits in der Einzahlung – wenn auch (noch) nicht besteuerbar – ein Umsatz liegt, da im Gegenzug die vorgenannte Leistung erbracht wird. Dies jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen lediglich für die passive Nutzung geleistet wird, mithin zur Erhaltung des Aktivitätszeitfensters und Vermeidung einer Deaktivierung der Karte. Zuzugeben ist, dass der BFH ergänzend ausführt, dass das Guthaben nicht die Gegenleistung für eine steuerbare sonstige Leistung der Klägerin, die SIM-Karten nicht zu deaktivieren, sei (BFH, Urteil vom 10. April 2019 -XI R4/17-, BFHE 264, 382, BStBl II 2019, 635, Rn. 24). Der BFH lässt die Steuerfähigkeit der initialen Guthabenaufladung daran scheitern, dass es an einer konkret zuordenbaren Gegenleistung fehle. Da sich Umsatz in der Betriebswirtschaftslehre regelmäßig als „Summe der in einer Periode verkauften, mit ihren jeweiligen Verkaufspreises bewerteten Leistungen“ definiert, mag es auf streng betriebs-wirtschaftlicher Ebene an einem Umsatz fehlen, da es hinsichtlich der Einzahlung an einer zuordenbaren Gegenleistung fehlt. Jedoch findet der Begriff „Umsatz“ insbesondere im hier angesprochenen, primär privaten Adressatenkreis, auch anderweitig und abseits der umsatzsteuerrechtlichen Sichtweise Anwendung. Insbesondere werden regelmäßig auch Zu- und Abgänge auf Girokonten als Umsatz bezeichnet. So ist eine von der Bank zu erhaltende Umsatzanzeige regelmäßig vergleichbar mit einem herkömmlichen Kontoauszug mit detailliertem Überblick über die vollzogenen Kontobewegungen. In diesem Verständnis ist dann jedoch auch die „Einzahlung“ des Kunden auf sein „Konto“ bei der Beklagten als „Umsatz“ zu verstehen. Diesen „Umsatz“ muss der Verbraucher nach obigen Ausführungen erbringen, um über die initialen 14 Monate hinaus jedenfalls passiv erreichbar zu bleiben und eine Deaktivierung zu verhindern. Aufgrund dessen liegt hierin und entgegen der dahingehenden Werbeaussage ein Mindestumsatz.

(3) Diese Irreführung betrifft auch einen nicht unerheblichen Anteil der relevanten Verkehrskreise. Weder reicht hierfür ein Irregeführter noch müssen alle Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise irregeführt werden. In diesem „zweiten Schritt“ der Irreführungsprüfung im engeren Sinne muss festgestellt werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Marktentscheidung der Verbraucher durch die Fehlvorstellung beeinflusst wird (vgl. Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., §5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 190). Eine Werbung ist nur dann irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 08. März 2012-1 ZR 202/10 -, Rn. 19, juris).

An dem Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen aus den vorgenannten Gründen keine Zweifel. Im Hinblick auf das dargetane Verbraucherverständnis der streitgegenständlichen Werbeaussage betreffs wesentlicher Merkmale der beworbenen Dienstleistung liegt eine Beeinflussung der Verbraucherentscheidung zugunsten der Beklagten in wettbewerbsrechtlich relevantem Umfang nahe und zur Überzeugung der Kammer fest. Für die Kammer ist es überzeugend, dass eine Vielzahl von Verbrauchern mit oben dargestelltem Werbeverständnis einem Vertragsschluss näher treten, weil sie eine lediglich verbrauchsabhängig zu vergütende, in der passiven Nutzung jedoch unbegrenzte Mobilfunknutzung erwarten. Eine entsprechende Gefahr besteht.

d) Die gerügte Irreführung ist auch von wettbewerbsrechtlicher Relevanz und die anzustrengende Verhältnismäßigkeitsprüfung führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Auch bei Bejahung sämtlicher Tatbestandsmerkmale einer irreführenden Angabe i.S.v. § 5 UWG unterliegt das Irreführungsverbot weiteren Einschränkungen. Diese Einschränkungen betreffen zum einen die Frage nach der wettbewerbsrechtlichen Relevanz der Irreführung sowie zum anderen den Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 209).

Führt die Relevanzprüfung zu dem Ergebnis, dass die in Frage stehende Werbeangabe geeignet ist, einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Werbeadressaten irrezuführen und hierdurch in seinem wirtschaftlichen Verhalten zu beeinflussen, liegt eine gegen §§ 3, 5 UWG verstoßende Werbung vor. Die Erfüllung der für die Bejahung einer relevanten Irreführungsgefahr erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen indiziert dann regelmäßig zugleich das Überwiegen der Verbots- gegenüber den Erhaltungsinteressen (MüKoUWG/Ruess, 3. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 224). Eine entsprechende Relevanz ist vorliegend im Hinblick auf das zuvor Gesagte unproblematisch gegeben. Der Gegenstand der Täuschung – eine Irreführung über positive Leistungsmerkmale, nämlich den Mindestumsatz und die hiermit einhergehenden Folgen – stellen einen für die Marktentscheidung bedeutenden Umstand dar (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5).

Hiermit geht sodann auch die erforderliche Verhältnismäßigkeit einher. Diese ist indiziert, entgegen-stehende Gesichtspunkte sind weder dargetan, noch ersichtlich.

4. Einer Prüfung der spürbaren Betroffenheit eines Verbrauchers im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG bedarf es nicht, da irreführende Handlungen, die geeignet sind, eine geschäftliche Entscheidung zu beeinflussen, stets unzulässig sind (vgl. Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 29.04.2022), Rn. 78).

5. Die erforderliche Wiederholungsgefahr wird vorliegend zugunsten des Klägers tatsächlich vermutet. In den Fällen, in denen bereits eine Verletzungshandlung erfolgt ist, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Zuwiderhandlung erneut begangen wird (Wiederholungsgefahr). Voraussetzung ist, dass die Handlung rechtswidrig war, ein Verschulden ist nicht erforderlich. An der Rechtswidrigkeit fehlt es, wenn im konkreten Fall ein Rechtfertigungsgrund vorgelegen hat. Die Vermutung der Wiederholungs-gefahr hat Folgen für die Darlegungs- und Beweislast. Der Gläubiger des Unterlassungsanspruchs muss nur die Verletzungshandlung darlegen, nicht die Wiederholungsgefahr. Es ist vielmehr die Sache des Zuwiderhandelnden, Umstände darzulegen und sie im Bestreitensfalle zu beweisen, die die Vermutung widerlegen oder die einen Wegfall der Wiederholungsgefahr begründen (Seichter in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 8 UWG (Stand: 03.01.2022), Rn. 39). Die Beklagte hat hierzu nicht vorgetragen, hält vielmehr an ihrer bisherigen und hier konkret angegriffenen Werbepraxis fest.

II. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Ersatz seiner für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen nach § 3 Abs. 3 UWG. Für einen Verband, dem es zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen, kommt in derartigen Fällen nur ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale in Betracht. Diese Pauschale beträgt derzeit für die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale), die einen umfangreichen gemeinnützigen Zweckbetrieb für den Abmahnbereich unterhält, 280,00 Euro zzgl. 5% MwSt. In welcher Höhe andere Verbände eine Kostenpauschale für Personal- und Sachkosten verlangen können, richtet sich nach Lage des Einzelfalls (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 13 Rn. 132). Im hiesigen Fall macht der Kläger 260,00 Euro geltend. Dieser Betrag ist der Höhe nach unstreitig geblieben.

Der Zinsanspruch resultiert aus §§ 291, 288 BGB.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO.